Wir mögen keine Automatisierung, wir lieben Sie!
Allerdings nur, wenn Sie dazu beiträgt, das Kundenerlebnis, die Customer Experience, in digitalen Kommunikationskanälen zu verbessern. Und wenn sie dem Nutzer einen echten Mehrwert verschafft.
Technisch ist heute vieles denkbar und möglich. Allerdings steckt die Marketing-Automatisierung noch in den Kinderschuhen. Und wie jedes Wesen in Kinderschuhen kann auch sie richtig nerven. Wir nennen das die „dunkle Seite der Automatisierung“, die wir täglich auf Websites und in sozialen Medien finden. Die Übeltäter sind willenlose Software-Anwendungen, Skripte und Bots, angeführt von Marketers, die die Macht der Automatisierung nicht beherrschen. Ihre Waffen: penetrante Popups, inhaltsleere Tweets und Direktnachrichten, die selbst interessierte Leser in die Flucht schlagen.
Wir zeigen dir, wie dringend das Problem ist und wie du der guten Seite der Macht in deinem Marketing zum Sieg verhelfen kannst.
"Wir", dass sind in diesem Fall Tanja Josche und Sascha Tobias von Hirschfeld. Du kennst die beiden vielleicht durch ihr Buch "Lean Content Marketing" (Rezension lesen) oder ihren ersten Artikel hier im Blog: Wie Du „schlank“ ins Content Marketing einsteigst und personalisierte Inhalte schaffst. Ich freue mich, sie wieder hier begrüßen zu dürfen und hoffe, dass dir auch dieser Artikel gefällt! Viel Spaß beim Lesen. :-)
Unterbrechungsmarketing nervt
Es gibt unzählige Software-Lösungen und Apps¹ für die Automatisierung von Marketingkommunikation, sei es für SEO, Social Media, E-Mail oder für Website und Blog. Viele davon sind in der Basisversion kostenlos verfügbar und schnell in Gang gesetzt. Da ist die Verlockung groß, einfach „drauflos zu automatisieren“, ohne zu bedenken, wie das Treiben der kleinen Helfer beim Nutzer ankommt.
Ein wenig erinnert das an die Gründerzeit der Powerpoint-Präsentation, als jeder versuchte, möglichst viele Animationseffekte in einer Präsentation unterzubekommen. Ein Phänomen, das bis heute jeden Zuhörer nervt und Powerpoint vermutlich seinen Ruf gekostet hat. Dieses Schicksal könnte auch die Automatisierung ereilen, wenn es Marketers nicht gelingt, die technischen Möglichkeiten plan- und maßvoll zu nutzen.
„So sehr ich an die Macht von Marketing-Automatisierung glaube, so sehr bin ich davon überzeugt, dass es faule Marketers vermasseln werden.“ – Jason Falls
Weniger ist mehr – das gilt auch für die Automatisierung von Marketingkommunikation. Nutzer, die laufend von Popups, automatischen Tweets und Nachrichten belästigt werden, wehren sich über kurz oder lang gegen diese Art von „Unterbrechungsmarketing“. Automatisierung wird dann zu einem Risiko für Unternehmen.
Die dunklen Kräfte der Automatisierung
Marketing-Automatisierung begegnet uns schon heute täglich auf Websites, in Blogs und in sozialen Netzwerken – selten nützlich, dafür oft penetrant und störend. Wie zum Beispiel Twitter-Bots und Website-Popups, die uns am digitalen Wegesrand auflauern und empfindlich beim Surfen stören. Andere wirken eher unauffällig im Hintergrund, steuern Content und Werbeinhalte auf sozialen Plattformen oder bombardieren uns mit E-Mails und Direktnachrichten. Schauen wir uns zwei auffällige Vertreter einmal genauer an.
Der Twitter-Bot
Schätzungsweise 8 % aller Twitter-Accounts werden per Software gesteuert, so genannten Twitter-Bots. Das sind etwa 23 Millionen Accounts, wie Twitter 2014 einräumen musste. Und diese Bots sind Hochrechnungen zufolge für ein Viertel aller Tweets verantwortlich. Im Klartext bedeutet das:
So auch bei einem sehr geschätzten Kollegen, der seit neuestem eine Software einsetzt, die Nutzern automatisch fürs Folgen dankt. So beschert sie seinem Auftraggeber Tausende von Tweets ohne inhaltlichen Wert. In der Fachsprache nennt man das treffend „Social Noise“, sozialer Krach.
Glücklicherweise regt sich bereits Widerstand. Viele wollen nicht länger zum sozialen Krach im Netz beitragen, wie etwa der Autor und Blogger Jack Steiner: Mit seinem lesenswerten Artikel brachte er eine Art „No-Thank-You“-Bewegung ins Rollen. Twitter-Bots wie Crowdfire, Justunfollow & Co. kann man aus ihrem Treiben keinen Vorwurf machen. Sie tun nur ihren Job. Die Marketers dahinter sollten sich jedoch der Auswirkungen bewusst sein.
Dabei hilft es, sich einfach einmal in die Rolle der Leser zu versetzen.
Website-Popups und Hover Ads
Beim Lesen am Bildschirm ruht die Maus, nicht aber das Auge. Das leuchtet jedem Leser ein.
Nicht aber der Software: Sie wähnt hinter jedem reglosen Cursor ein latentes Desinteresse oder gar Fluchtneigung, der man mit einem schrillen Weckruf in Form einer Werbeanzeige entgegentreten muss.
Umfragen haben gezeigt, dass 70 % der Internetnutzer von Popups genervt sind, vor allem, wenn sie stören ohne dafür einen echten Nutzen zu bieten.
Ruhe beim Lesen ist in jeder Bibliothek heilig, doch was zählt schon das Wohlbefinden von Lesern, wenn der Verkauf durch den Einsatz von Popups auf 162 % angekurbelt werden kann?
1:0 für das Popup!
Das bedeutet allerdings nicht, dass Penetranz immer gewinnt.
Im Gegenteil: Der Ton und der Nutzen machen die Musik.
Stolperfallen auf dem Weg ins Licht
Wie das Beispiel der Popups zeigt, gibt es in der Welt der Marketing-Automatisierung auch Licht. Und ohne Zweifel kann Automatisierung großes leisten, wenn es darum geht, den richtigen Content zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu platzieren. Also an jedem Touchpoint im Marketing Funnel, um einmal zwei Buzzwords im heutigen Marketing zu bemühen.
Die Hoffnung der Marketers in Automatisierung ist groß, besonders wenn es um Lead-Generierung, Lead-Qualität und Effizienz geht, wie schon die Studie "State of B2B Marketing Automation" von Regalix in 2015 zeigte.
Bei all diesen verlockenden Vorteilen und Chancen, die Automatisierung im Marketing bietet, dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass neue Werkzeuge allein keinen Erfolg bringen.
„A fool with a tool is still a fool.“ – Grady Booch (Informatiker)
Automatisierung ist ein komplexes Thema, das Planung, Wissen und Budget braucht, um richtig zu funktionieren.
Zudem muss auch eine Maschine mit hochwertigem Content gefüttert werden, um gutes Marketing zu machen. Schlechter Content gehört also nicht umsonst zu den kritischsten Stolpersteinen in der Automatisierung.
Die Macht der Automatisierung richtig nutzen
- Versetze Dich in deine Leser hinein und prüfe kritisch, ob Popups oder automatisierte Nachrichten ihnen wirklich einen Mehrwert bieten. Wenn du zu dem Ergebnis kommst, dass sie nur dir die Arbeit erleichtern, dann solltest du den Einsatz ernsthaft überdenken.
- Plane den Einsatz von Automatisierung sorgfältig und definiere genau, wann, wo, für wen und zu welchem Zweck du sie einsetzen möchtest. Erst dann wähle die dafür am besten geeigneten Tools aus.
- Investiere ausreichend Zeit, die Software so einzurichten, dass deine Maßnahmen im Einklang mit den Bedürfnissen deiner Leser stehen. So reduzierst du das Risiko, dass deine Bemühungen als Spam empfunden werden.
- Nutze Automatisierung mit der gleichen Sorgfalt und Kreativität, mit der du persönlich kommunizierst. Achte dabei besonders auf die Qualität deiner Inhalte und ihre Relevanz für deine Leser.
- Analysiere die Reaktion deiner Nutzer auf die Automatisierung laufend, um bei Bedarf optimieren zu können: Nimmt die Zahl deiner Follower plötzlich ab? Oder sinkt die Verweildauer auf deiner Webseite? Lerne daraus und passe den Einsatz deiner Tools laufend an.
Unser Fazit zur Marketing-Automatisierung
Automatisierung im Marketing ist kein Selbstzweck. Sie verursacht nichts anderes als „Noise“, wenn die technischen Möglichkeiten nicht plan- und maßvoll eingesetzt werden.
Marketers sind gut beraten, sich bei aller Effizienz und Arbeitserleichterung, die Automatisierung bieten kann, stets sicherzustellen, dass automatisierte Popups, Tweets und sonstige fleißige Helfer jeden Kundenkontakt mit echtem Mehrwert bereichern.
Wie siehst du das? Automatisierst du deine Marketingkommunikation oder Teile davon? Und wie stehst du zu Popups und "inhaltsfreien" Tweets?
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Robert ist Autor des Bestsellers „Content Design“ (Hanser Verlag), unabhängiger Content-Stratege und Gründer dieses Magazins (ehem. „toushenne.de“). Daneben lehrt er Content-Marketing an der FH JOANNEUM sowie Content Design an der ZHAW. Mit über zehn Jahren Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- & SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Freelance-Projekten mit führenden Marken wie Adobe, Bike24 und contentbird, entwickelt er wirksame Strategien für die Optimierung des Content ROI.