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Robert Weller
Content-Stratege, Buchautor und Dozent für Content Marketing.

Künstliche Intelligenz in der Content-Strategie – über Automatisierung, Personalisierung & Optimierung

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Marketing
Künstliche Intelligenz im Marketing

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Andreas Hoffmann
Head of Marketing @ OmniCult

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Wie würdest du dich fühlen, wenn deine Waschmaschine von allein Spülmittel bei Amazon nachbestellt und der Kühlschrank deinen Einkaufszettel automatisch erstellt?

Was zunächst eher gruselig oder zumindest ungewohnt klingt, ist genau genommen schon Realität. Die Vernetzung physischer und virtueller Gegenstände nennen wir "Internet der Dinge" (kurz IdD oder IoT von engl. Internet of Things) und sie geht mit der Vision einer globalen Infrastruktur der Informationsgesellschaften einher.

Oder um es mit Sascha Lobos Worten zu sagen:

Smart Speaker wie Amazons Echo sind Einstiegsdroge und Brückentechnologie, demnächst gehen sie im Rest der Heimtechnik auf. Man spricht einfach in den Raum hinein, und es wird egal sein, welches der Dutzend Mikros die Daten zum Server übertragt. Smart Home ist da, nur anders, es ist kein Gerät, kein bescheuerter Kühlschrank, der Milch nachbestellt, sondern ein Sprachinterface.

Als Konsumenten beobachten wir diese Entwicklung noch mit einer gewissen Skepsis, als Marketer in Unternehmen reiben wir uns ob der vielen neuen Möglichkeiten aber schon die Hände. Denn was durch diese Vernetzung entsteht sind Unmengen an Informationen, also Daten, die wir Gott weiß in welcher Form nutzen könnten.

Die Betonung liegt auf könnten, denn für das menschliche Gehirn ist es nicht leicht, große Mengen an Informationen zu verarbeiten. Kein Wunder also, dass sich die Forschung an künstlicher Intelligenz (KI) genauso schnell entwickelt.

Und hier fängt der Spaß erst an! Denn so viel, wie derzeit über KI gesprochen bzw. geschrieben wird, können wir gar nicht konsumieren.

Kommt dir bekannt vor, oder? (Stichwort: Content Schock)

Auf die Gefahr hinaus, dass ich scheitern werde, versuche ich mal Klarheit oder zumindest einen Überblick zu schaffen ...

Die Kurzfassung
  • Künstliche Intelligenz ist Trend, Realität und Zukunft zugleich – nicht nur in Bezug auf Marketing, sondern auch auf Technik und unsere Gesellschaft allgemein (etwa autonomes Fahren, smarte Workspaces, intelligente Roboter, Conversational User Interfaces etc.).
  • KI kann den Marketer besonders bei der Daten-basierten Personalisierung (bis hin zum Individuum!), der Tool-basierten Automatisierung und der Optimierung in diversen Bereichen unterstützen.
  • Das Potenzial der Sprachsteuerung ist riesig und in unzähligen Anwendungsszenarien denkbar. Der (nützliche) Mensch-Maschine-Dialog kein Science Fiction mehr.
  • KI birgt gewisse Risiken, mit denen sich sowohl der Anwender (unternehmensseitig) als auch der Rezipient, ergo der Konsument, vertraut machen sollten. Naivität ist vielleicht der größte Fehler, den wir begehen können, aber es fängt ja auch gerade erst an...

Was ist Künstliche Intelligenz? Eine Definition.

Mit der Entwicklung künstlicher Intelligenz (kurz KI bzw. AI von engl. Artificial Intelligence) wird das Ziel verfolgt, mithilfe selbstlernender Computerprogramme (Machine Learning) menschliches Denken zu simulieren und intelligentes Verhalten zu automatisieren.

Ein im Marketing relevantes Beispiel derartiger Technologie ist die Google KI RankBrain. Ein Teil des Algorithmus, der die Reihenfolge der Suchergebnisse bestimmt, lernt auf Basis der gesammelten Daten (Herkunft der Suchanfrage, Semantik, Nutzerverhalten etc.), anstatt fest von Menschen definierten Algorithmen zu folgen. Das Ziel ist eine möglichst hohe Relevanz der Ergebnisse für den Suchenden. Siehe dazu auch den hervorragenden Leitfaden von Brian Dean.

Auch Amazon nutzt Machine Learning, um dir bei deinem nächsten Besuch der Webseite (unter anderem) Produkte auf Basis deiner Kauf- und Such-Historie vorzuschlagen. Aber dazu später mehr.

Status quo künstliche Intelligenz im Marketing

KI und Machine Learning sind mit Blick aufs Marketing keine neuen Themen. Weder in Deutschland, noch weltweit. Ein Blick auf die Entwicklungen der letzten sechs Monate – mein Dank geht für diesen Report an Talkwalker – zeigt ein konstantes, eher beruflich ausgeprägtes Interesse (die negativen Peaks sind die Wochenenden).

Buzz zum Thema künstliche Intelligenz im 2. Halbjahr 2017

Dabei sind es vor allem größere Medien(netzwerke), die über diese Themen berichten. Allen voran SPIEGEL, Horizont, Business Insider, t3n und etailment. Unternehmensseitig tauchen vor allem Adobe, emarsys und Arcolinx in den Buzz Rankings auf.

Dennoch ist künstliche Intelligenz laut Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies 2017 – neben digitalen Plattformen und transparent-immersiven Erfahrungen – einer der drei Mega-Trends im Jahr 2018.

Gartner Meda Trends 2017

"Our 2017 Hype Cycle reveals three distinct technology trends that profoundly create new experiences with unrivaled intelligence, and offer platforms that propel organizations to connect with new business ecosystems in order to become competitive over the next five to 10 years”, sagt Forschungsleiter Mike J. Walker.

Die prognostizierten Trends werden laut Walker die Art, wie Unternehmen mit ihren Angestellten, ihren Kunden und ihren Partnern umgehen, dauerhaft verändern. Darüber hinaus verändern sie die bestehenden Wirtschaftssysteme. Wer sich gegen seine Konkurrenz behaupten will, muss dies berücksichtigen.

Künstliche Intelligenz wird seines Erachtens nach die disruptivste Technologie der nächsten Dekade sein und überall eingesetzt werden. Als Beispiele nennt er das autonome Fahren, welches zu einer Verlangsamung der Urbanisierung führen könnte sowie die Entwicklung tiefer neuraler Netzwerke, die eine neue Art der Datennutzung zur Lösung bisher scheinbar nicht lösbarer Aufgaben ermöglichen.

Entstehende Technologie-Trends

Großes Potenzial sieht Walker auch im Teilbereich Machine Learning: Bisherige Software-Lösungen sind bald mit der Flut an täglich generierten Daten überfordert, weshalb selbstlernende Systeme für deren Auswertung unabdingbar würden.

Aber wie funktionieren künstliche Intelligenz und Machine Learning in der Praxis?

 

Wie funktioniert Machine Learning und was ist Deep Learning?

Basierend auf künstlicher Intelligenz wird beim Machine Learning Wissen und Erfahrung generiert, indem eine Software (auch Apps) Daten sammelt und in diesen Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennt, ohne auf vorprogrammierte Algorithmen zurückzugreifen. Solche selbstlernende Systeme können große Datenmengen auf unbekannte Muster untersuchen.

Oft ist in diesem Zusammenhang auch von Deep Learning die Rede. Das ist ein spezialisierter Teilbereich des Machine Learning und orientiert sich an den neuronalen Netzwerken des menschlichen Gehirns, die in mehreren Schichten nachgebildet werden. Der Lernprozess und die Merkmalsextraktion sind beim Deep Learning vollautomatisiert und benötigen im Vergleich zum Machine Learning einen größeren Datensatz.

Ein anschauliches... naja, nennen wir es lieber leicht verständliches Beispiel, ist das Amazon Echo mit Alexa*.

Am Anfang erscheint das Gerät in seiner Funktionalität ziemlich rudimentär. Es wirkt wie ein dummer Roboter, dessen Technik noch nicht ausgereift ist.

Doch wer Alexa regelmäßig als virtuellen Assistenten nutzt, wird schnell merken, wie es mit der Zeit immer smarter wird. Denn dank Machine Learning verbessert sich die Maschine durch den "Dialog" mit dem Menschen. "Sie" lernt verbale Zusammenhänge herzustellen und kann Regelmäßigkeiten in der Sprache erkennen, sodass Suchanfragen bzw. allgemeine Sprachbefehle immer besser erkannt und präziser beantwortet werden können.

Darüber hinaus bietet Amazon mit dem Alexa Skills Kit eine Plattform, auf der Nutzer eigene Skills – also Kategorien oder Merkmale für das Machine Learning – definieren können, die dann im Alexa Skills Store veröffentlicht und zum Download angeboten werden. Das ist zwar weniger künstliche Intelligenz als Programmierung, aber nichtsdestotrotz ein Tool für Alexa, um zu lernen.

Ein simples Beispiel ist der Skill "Internet Marketing Podcast" von Björn Tantau. Ihn hab ich auch nach seiner Einschätzung zum Potenzial der Sprachsteuerung gefragt:

Ich schätze das Potenzial der Sprachsteuerung als extrem hoch ein – allerdings nicht zwingend im Bereich Online Marketing. Die Vermarktung von Produkten und/oder Dienstleistungen zum Beispiel via Amazon Echo ist ja nicht direkt Online Marketing – geht es so in die Richtung von Hörfunkvermarktung. Derzeit ist da alles noch auf Anfang, wenn es aber darum geht, Konsumenten vor allem zu populären Themen zu erreichen, werden Smart Speaker ganz sicher in den kommenden Jahren eine sehr große Rolle spielen. Wenn Amazon zum Beispiel bezahlte Werbung bei seinen Echos einführt, dann könnte die Sache aber zusätzlich aus Sicht des Performance Marketing interessant werden. in dem Fall wird es dann vermutlich ähnliche neue Disziplinen im Online Marketing geben, wie das bei der Entstehung von Google AdWords und Facebook Ads der Fall war.

 

Die Chancen künstlicher Intelligenz im (Content) Marketing

Von der erwähnten Personalisierung von Produktempfehlungen, wie wir sie von quasi allen großen E-Commerce- und Streaming-Anbietern kennen, über die Automatisierung und Nutzer-spezifische Content Produktion & Distribution bis hin zur KI-basierten Kundenkommunikation via Chatbots sind viele Einsatzmöglichkeiten für künstliche Intelligenz denkbar.

Personalisierung verbessert die User Experience

Dass Marketing Content dem Konsumenten einen Mehrwert geben soll – ob inspirierend, unterhaltsam oder informativ –, ist inzwischen allgemein bekannt. Ebenso, dass das Unternehmen (als Content Produzenten) dadurch Leads oder Kunden gewinnen kann. Doch nicht alle Inhalte sind für jeden Nutzer relevant, sodass durch "falsches" Targeting auch potentielle Leads verloren gehen können.

OneSpot hat dazu einige interessante Zahlen, unter anderem von Forrester, McKinsey und Gartner aggregiert:

  • 75 % der Nutzer bevorzugen personalisierte Inhalte.
  • Nutzer bewerten Content zu 33 % aufgrund der Relevanz (wichtiger ist mit 42 % nur die Qualität als solche).
  • 78 % der Kunden kaufen eher wieder, wenn sie personalisierte Angebote erhalten.
  • Die Kaufwahrscheinlichkeit bei Nutzern, die personalisierte Inhalte erhalten, ist um 34 % höher.
Statistiken zur Personalisierung von Content

Künstliche Intelligenz kann bei der Personalisierung unterstützen und den Grad bzw. die Komplexität auf einen neuen Level heben.

Sowohl eine gruppenbasierte als auch individuelle Personalisierung ist denkbar. Die dafür notwendigen Daten können je nach Zielgruppe und Branche unterschiedliche sein: E-Mail-Adressen, demographische Informationen, Standortdaten, Cookies, Kundenbewertungen oder bisherige Käufe. Auf Basis der gesammelten Daten erstellt die KI ein Nutzerprofil, als Grundlage für die Ausspielung von Content. Holger Behnsen, Managing Director von emarsys, spricht hierbei von ganzheitlichen Kundenprofilen, sogenannten "Unified User Profiles" (zum Interview). Gleichzeitig misst das System fortwährend den Erfolg der einzelnen Content Assets und Content-Formate und optimiert aus den Ergebnissen die weitere Strategie.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit für künstliche Intelligenz sind die Prognose und Prävention von Kundenabwanderung (churn prediction & prevention). Anhand der Auswertung verschiedener Kundendaten – etwa Bewertungen, Kundendienstanfragen, Rücksendungen etc. – kann KI die Wahrscheinlichkeit eines Kundenabsprungs prognostizieren und Gegenmaßnahmen einleiten. Das können persönliche Rabatte, Gutscheine oder andere Incentives sein, wie sie schon Holger Behnsen im Interview aufführte. So lassen sich das Kundenvertrauen und die Kundenloyalität zurückgewinnen und dauerhaft festigen.

 

Besonders effektiv ist Personalisierung im E-Commerce. Händler können "shoppable content" anbieten, etwa ein Outfit, das Nutzer bei Gefallen komplett in den Warenkorb legen können. Du kennst vielleicht den Ausdruck "Shop the Look"... About you nutzt diese Methode sehr intensiv; hier ein Beispiel:

Shoppable Content im Fashion Retail

Zalando vertraut sogar schon für die Generierung solcher Outfits auf KI.

Zalando generiert Fashion Outfits mittels KI
Quelle: Boris von Loesch, Capital Markets Day 2017, Artificial Intelligence Präsentation

Die hierfür verwendeten Content-Formate können variieren: Vom Listicle-Artikel mit Bildern bis hin zum interaktiven Video. Große Online-Shops wie etwa ASOS oder Net-a-Porter arbeiten schon seit längerem mit dieser smarten Verknüpfung aus Content und Commerce. Der Vorteil liegt dabei auf der Hand: Der Kunde muss nicht lange nach den Produkten suchen, was die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs steigert; der Kaufimpuls wird bestens genutzt.

 

Auch im E-Mail-Marketing lassen sich insbesondere die Möglichkeiten von Machine Learning sehr gut einsetzen. Adobe zeigt mit Adobe Sensei gerade, wie intelligentes Content Design aussehen kann. Hierzu gehören unter anderem ein dynamisches Reporting, das in Echtzeit und multidimensional den Erfolg einer aktuellen Kampagne misst und Optimierungsvorschläge generiert. Automatische Übersetzungen, je nach Landessprache, gehören ebenso zum Paket wie ein sich in der Preview-Phase befindliches Feature, das anhand einer Bewertung, die auf Kundenreaktionen zu ähnlichen Bildern basiert, messen kann, welche Bilder das höchste Conversion-Potenzial haben und sich somit am besten für einen Newsletter eignen.

Lars Trieloff, Principal Platform Marketing bei Adobe, sagt dazu:

Personalisierung ist aus meiner Sicht die Killer-App für KI im Marketing. Voraussetzung ist jedoch, dass wir die Bedürfnisse jedes einzelnen Verbrauchers kennen, sprich seine Daten fortlaufend analysieren und seine Bedürfnisse antizipieren. Für erfolgreiche Personalisierungsprogramme müssen wir uns daher endgültig von liebgewonnenen Annahmen (oder Vorurteilen) trennen, wie unsere Kunden unsere Marke und unsere Customer Experience sehen. Selbstlernende Algorithmen unterstützen uns dabei, indem sie uns den Zugang zu versteckten Informationen erleichtern, zentrale Prozesse beschleunigen und uns helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. KI-getriebene Personalisierung bietet auf dieser Basis eine tolle Möglichkeit, aus dem Gefängnis der eigenen Annahmen auszubrechen und direkt auf das Kundenverhalten zu reagieren, um dem individuellen Konsumenten personalisierte Erlebnisse zu ermöglichen. Insgesamt profitieren Unternehmen beim KI-Einsatz von akkurateren Kundensegmenten, maßgeschneidertem Content, der genau auf diese Segmente passt, und einer erheblichen Zeitersparnis.

 

Automatisierung vereinfacht das Marketing

Wie bereits angedeutet ist Automatisierung ein weiteres Feld, das stark von KI profitiert – nicht nur im E-Mail-Marketing.

Moderne Text-Roboter sind bereits in der Lage, Informationen aus verschiedenen Quellen zu extrahieren und daraus Texte in verschiedenen Formaten zu produzieren (Natural Language Generation). Sie werden vor allem von großen Online Shops – zum Beispiel für Produktbeschreibungen – und im Medienbereich eingesetzt. Damit sie ihre volle Wirkung entfalten können, müssen sie im Vorfeld allerdings von Menschen angelernt bzw. trainiert werden.

Auch eine nahezu komplette Automatisierung des Content-Marketing-Prozesses ist denkbar – von der Produktion (mit Hilfe der erwähnten Text-Roboter) über die Distribution bis hin zur permanenten Überwachung der Performance.

Ein solch holistisches Content Management System (CMS) wurde unlängst auf der CEBIT als Gemeinschaftsprojekt von AX Semantics, Kontrast Communication Services und Textbroker vorgestellt. Dabei wird allerdings nicht vollends auf menschliche Autoren verzichtet: Für einige Formate und Themen bleiben diese unabdingbar. Die zentrale Steuerung und Bündelung aller Prozesse ermöglicht aber ein stringenteres, effektiveres Management aller Bereiche.

Wer seine Artikel trotzdem lieber selbst schreibt oder zumindest von menschlichen Autoren schreiben lassen möchte, der muss auf die Unterstützung durch künstliche Intelligenz nicht verzichten. Tools wie etwa die Searchmetrics Content Experience, contentbird oder Acrolinx ermöglichen es, schon während des Schreibens den Text auf Kriterien wie Tonalität, Grammatik, Lesbarkeit und eine Reihe unterschiedlicher SEO-Faktoren zu überprüfen. Nach Eingabe der gewünschten Keywords recherchieren diese Tools beispielsweise ähnliche Texte, verwandte Keywords oder W-Fragen, welche der Text beantworten sollte, um den User Intent zu befriedigen.

Dialog bzw. Sprache als neues Interface

Wie schon gezeigt, kann mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Content präzise gemessen, distribuiert und individualisiert werden, um dem Nutzer die beste Experience zu bieten. Darüber hinaus kann sie aber auch für den direkten Dialog eingesetzt werden. Ob Chatbots oder Voice Search – die automatisierte Kommunikation hat längst Einzug in den Alltag unserer Gesellschaft erhalten.

Chatbots sind vor allem aus dem Kundenservice und der Content Distribution bekannt und werden unterschiedlich eingesetzt. Dabei gibt der Nutzer, wie auch in einem normalen Chatverlauf, eine Frage ein und bekommt nach kurzer Zeit eine Antwort. Eine Integration in diverse Plattformen, sei es Facebook, WhatsApp oder die eigene Website, ist – vor allem dank der Messenger Plattform von Facebook – schon jetzt möglich.

Die Sprachsteuerung ist dank des Google Assistants, Siri, Cortana und vor allem Alexa äußerst populär geworden. Künstliche Intelligenzen wie Google RankBrain können dank Machine Learning den User Intent der Spracheingaben immer besser interpretieren und erfüllen. Der Trend geht in Richtung dialogische Suche; die Ergebnisse lassen sich mit Folgefragen präzisieren bzw. der Sprachassistent selbst tritt mit dem Nutzer in Dialog und bittet ihn um Präzisierungen.

 

Zwischenfazit – Künstliche Intelligenz verändert alles. Oder?

Die vielfältigen Möglichkeiten, künstliche Intelligenz im Content Marketing zu nutzen, machen eines deutlich: "One size fits all"-Content hat keine Zukunft. Aber das betrifft nicht nur Content, sondern ganze Systeme. Statt der einen Website wird es vielmehr eine Plattform geben, von der aus die jeweiligen Inhalte personalisiert an die Nutzer distribuiert werden. Nutzer A wird also mit großer Wahrscheinlichkeit einen anderen Artikel, ein anderes Video oder einen anderen Newsletter in anderer Aufmachung in einer anderen Umgebung zu sehen bekommen als Nutzer B.

Beiden wird die für sie beste User Experience geboten.

Vielleicht kommt es, wie es Paul Roetzer in seinem Artikel beim Content Marketing Institute prognostizierte, dass wir anstelle von Content Marketing künftig von "Cognitive Content Marketing" sprechen werden. Je größer die Anzahl an für die breite Masse erschwinglichen Tools und Apps wird, desto schneller wird sich solche Technik als Standard etablieren.

Über künstliche Intelligenz im Marketing gibt es sooo viel zu sagen bzw. zu wissen, aber irgendwann muss ich mal einen Punkt machen...

Darum will ich abschließend nur noch auf die Risiken eingehen.

 

Welche Risiken birgt künstliche Intelligenz im (Content) Marketing?

Wir kennen alle die Horrorszenarien aus der Populärkultur (Terminator, I, Robot, Avengers & Co.), doch welche berechtigten Einwände und Befürchtungen gibt es gegen KI im Marketing?

Die folgenden drei Aspekte sind sicherlich nicht die einzigen (ich freue mich über Ergänzungen per Kommentar), aber die, die mir regelmäßig begegnen:

  1. Es entstehen Filterblasen: Wir sehen nur noch den Content, der unseren potentiellen Interessen entspricht. Die Debatte um dieses – auch als „echo chambers“ bezeichnete – Phänomen wird bereits seit längerem am Beispiel von Facebook geführt. Was anfangs als praktisch erscheinen mag, schließlich müssen wir uns nicht mehr um die Suche und Auswahl interessanter Inhalte kümmern – kann langfristig zu einer einseitigen Informationslage führen. Das kann, muss aber nicht, so gewollt sein.
  2. Der Mensch verliert die Kontrolle: Ein wenig unheimlich waren die Berichte ja schon, dass Facebook ein eigenes KI-System abschalten musste, weil dies begann eine eigene Sprache zu entwickeln, die für die Entwickler nicht mehr verständlich war. Doch dass die Entwickler überhaupt in der Lage waren, das System ohne Probleme abzuschalten, zeigt, dass hiervon keine echte Gefahr ausgeht. Die Forderung von Tesla-Gründer Elon Musk nach gesetzlichen Regelungen für die Forschung mit künstlicher Intelligenz erscheint gleichwohl verständlich.
  3. Jobs sind in Gefahr: Ja, manche Jobs kann künftig eine Maschine übernehmen, aber sicherlich nicht jeden. Marketer, Designer oder Texter müssen sich nicht fürchten, sondern sich anpassen! Ein Beispiel hierfür ist der Datenjournalismus: Die künstliche Intelligenz hilft dem Menschen dabei, Kausalitäten und Zusammenhänge zu entdecken. Deren Bedeutung für die Menschen und ihr narratives Potenzial kann indes nur der Journalist beurteilen und umsetzen.

Das Thema Datenschutz lasse ich an dieser Stelle einfach mal unkommentiert. Ich bitte um Verständnis.

 

Ein Schlusswort zur Zukunft des Marketers im Marketing

Noch ist er verhältnismäßig rudimentär, aber der Einsatz von automatisierten, selbstlernenden Algorithmen wird sich über alle Anwendungsgebiete hinaus deutlich verstärken. Sie werden uns dabei unterstützen, Informationen zu sammeln, zu ordnen, zu verknüpfen, zu verstehen und entsprechend der Interessen unserer Bedarfsgruppen anzupassen.

Künstliche Intelligenz wird uns unterstützen. Sie wird den Menschen aber nicht durch Roboter ablösen!

Die persönliche Beziehung bleibt stets der ausschlaggebende Faktor. Keine künstliche Intelligenz kann diese ersetzen oder imitieren.

Naja, sagen wir noch nicht. Nicht ohne weitere Forschung... Aber ich zitiere gerne nochmals Lars Trieloff:

Dieses falsche Bild eines eigenständigen humanoiden Roboters, wie wir ihn aus den SciFi-Filmen aus Hollywood kennen, führt zu Ängsten und macht es unmöglich, die wahren Potenziale von KI zu erkennen. Sie dient einzig zur Unterstützung des Marketers und funktioniert am besten bei klaren Problemstellungen. Zum Beispiel um herauszufinden, warum sich das Kundenverhalten geändert hat und welche Metriken wir im Blick behalten müssen, wenn das wieder passiert. Hier ist KI klar im Vorteil, weil sie riesige Datenmengen schneller, umfassender und systematischer analysieren kann als jedes menschliche Gehirn. Die richtigen Konsequenzen daraus ziehen kann KI jedoch noch nicht, ganz einfach weil der notwendige Kontext fehlt. Das ist und bleibt auf absehbare Zeit die Aufgabe des Marketers.

Wir sollten uns darauf konzentrieren, die Potenziale für unsere eigenen Bedürfnisse zu identifizieren. Indem wir uns einen Überblick verschaffen, wie künstliche Intelligenz uns bei der Optimierung unserer Marketingaktivitäten überhaupt nutzen kann – wozu ich mit diesem Artikel hoffentlich etwas beitragen konnte – und wie wir unsere eigene Rolle dadurch verändern können. Oder sogar müssen...

Ich persönlich finde diese Veränderung extrem spannend und gehe kleine Schritte vorwärts, indem ich...

  1. mich grundlegend mit dem Thema auseinandersetze und darauf achte, an welchen Stellen ich mit KI in Kontakt komme;
  2. in meinem Arbeitsalltag bewusst auf Prozesse achte und versuche zu erkennen, wobei mich KI theoretisch unterstützen könnte (z.B. Datenverarbeitung oder repetitive Aufgaben);
  3. einfache KI-basierte Tools und Apps nutze und verstehen lerne, wozu die künstliche Intelligenz genau dient.

 

Wie stehst du zu künstlicher Intelligenz? Nutzt du sie persönlich oder beruflich?

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Robert Weller

Robert ist Autor des Bestsellers „Content Design“ (Hanser Verlag), unabhängiger Content-Stratege und Gründer dieses Magazins (ehem. „toushenne.de“). Daneben lehrt er Content-Marketing an der FH JOANNEUM sowie Content Design an der ZHAW. Mit über zehn Jahren Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- & SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Freelance-Projekten mit führenden Marken wie Adobe, Bike24 und contentbird, entwickelt er wirksame Strategien für die Optimierung des Content ROI.

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