Ein Gastbeitrag von Maik Bruns.
Wer will das nicht? Die Website wurde hier und da optimiert oder sogar komplett überarbeitet. Der Content ist auf dem neuesten Stand, die Mitarbeiter voller Erwartungen nach dem (Re)Launch.
Die Website gibt alles, um den Unternehmenserfolg anzuheizen. Vielleicht liefert sie ja sogar auch ohne Überarbeitungen schon seit Jahr und Tag stetigen Traffic.
Doch irgendwie stellt sich beizeiten Ernüchterung ein. Die ersten Fragen kommen auf:
- Was bringt denn die (neue) Website?
- Wie finden die Menschen unseren Content?
- Hilft er uns, Conversions zu erzeugen?
- Die Website sieht zwar super aus und bietet – vermeintlich – tolle Inhalte, doch leistet sie wirklich etwas für den Unternehmenserfolg?
Die meisten Unternehmen, die eine Website haben, machen die gleichen Fehler: Es fehlt vor allem an einer wirklich durchschlagenden Strategie, wie diese erfolgreicher werden kann. Und an der Möglichkeit, diesen Erfolg auch in Zahlen auszudrücken. Und genau weil es nichts Messbares gibt, beginnen oft die Zweifler im Unternehmen ihre Stimme zu erheben. Falls es jemandem überhaupt auffällt ...
Webanalyse kann an der Stelle ein echter Heilsbringer sein. Denn wenn es darum geht, aus einem Bauchgefühl validen Erfolg abzuleiten, führt kein Weg an Daten vorbei. Und Webanalyse-Tools wie etwa Google oder Adobe Analytics liefern diese.
Vorausgesetzt du weißt, was du tust.
Wie wird meine Website noch erfolgreicher?
Auch wenn es zunächst merkwürdig erscheint, nicht sofort mit dem Messen auf deiner Website zu beginnen: Willst du den Erfolg auf deiner Website oder konkrete Teile derselben messen, wirst du als allererstes nicht umhin kommen, diesen zu benennen. Denn ohne klar definierte Ziele und dazugehörige aussagekräftige Kennzahlen (sogenannte Key Performance Indicators, kurz KPI) wird auf Dauer niemand im Unternehmen den Erfolg der Website benennen können.
Die Schwierigkeit dabei ist allerdings oftmals eine gewisse “Betriebsblindheit”. Denn die Entwicklung von Kennzahlen ist leider nicht trivial. Die meisten verstehen darunter die falschen Dinge; Etwa die Zahlen, die Google Analytics zeigt, unmittelbar zu sogenannten KPIs zu machen, beispielsweise Impressions- oder Nutzerzahlen, Absprungraten, Klicks, Verweildauern usw.
Warum das verkehrt ist, leitet sich schon automatisch aus der Definition von Kennzahlen ab. Denn diesen müssen schon aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen Bezug zum Erfolg des Unternehmens haben. Und ehrlicherweise ist mir noch kein wirklich erfolgreiches Unternehmen begegnet, dessen “Leitmetrik” eine der oben genannten war. Oder sie lagen weit unter ihren Möglichkeiten.
Aus der Veränderung eines KPIs leitet sich unmittelbar eine sinnvolle Handlung ab. Wenn das nicht der Fall ist, ist es kein KPI.
It’s as simple as that.
Was brauchen wir also stattdessen? Erfolgsbezogene Kennzahlen. Ja, auch für Content. Wenn es geht, sogar solche, die sich in Euro ausdrücken lassen, wie zum Beispiel den “Kundenwert” oder etwas wie “Kosten pro Neukunde”. Auch Lead-getriebene Unternehmen können an gewonnene Leads ein Eurozeichen heften – mindestens als Durchschnittswert pro Lead, besser jedoch als dynamischer Wert, je nachdem, welche Lead-Qualität erreicht wurde.
Erst so bekommen Lead-Zahlen eine Qualität – und erst so können wir darstellen, welche Art Lead künftig verstärkt gesucht oder beworben werden sollte.
Darüber nachzudenken, lohnt viel mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Denn erst danach werden Maßnahmen wie Conversion-Optimierung, Kanal-Optimierungen oder Ähnliches überhaupt funktionieren.
Dummerweise gibt es keine Blaupause für Kennzahlen. Zwar werde ich oft gefragt, welche denn in diesem und jenem Fall sinnvoll seien, doch ich verweise in der Regel darauf, dass das in hohem Maße von verschiedenen Aspekten abhängig ist, die von außen schwer einzuschätzen sind.
KPIs sind tatsächlich u.a. davon abhängig, wonach sich ein Unternehmen ausrichtet. Wer mit mir schon mal einen Tag im “KPI-Bunker” verbracht hat, weiß, wovon ich spreche. ^_^
Tools machen (noch) keine Analyse für dich
Nachdem wir nun Kennzahlen haben, geht es darum, aus dem Webanalyse-Tool genau abzulesen, was wir als nächstes zu tun haben.
Moment.
Das Tool soll uns sagen, was unsere nächsten Schritte sein werden?
Hier zeigt sich der nächste Irrtum: Ein Webanalyse-Tool zeigt nur Zahlen. Was daraus folgt, bleibt zunächst einmal dir und dem Unternehmen überlassen. Ob du die Zahlen, die das Tool auswirft, gut oder schlecht findest, wirst du erst herausfinden, wenn du (genau, DU) sie in den Kontext zu deinen Zielen setzt.
Es geht also nicht darum, irgendwelche Industrie-Benchmarks zu verfolgen im Sinne von “Wettbewerber X hat aber Y Absprungrate. Wir müssen besser werden.” Vielmehr ist es wichtig, anhand der eigenen Zahlen immer ein kleines bisschen besser zu werden.
Das klingt merkwürdig, denn wir hören immer wieder, welche Zahlen andere angeblich erreichen – und viele versuchen daraufhin, sich an denen zu orientieren.
Doch ich predige immer einen anderen Weg:
Werde mit deinem Unternehmen, deiner Website die beste Version deiner selbst. Und nicht die beste Kopie eines Wettbewerbers.
Dafür ist es essentiell, dass du (und deine Kollegen) die Daten aus den Tools grundlegend verstehst – ihre Bedeutung muss dir vollkommen klar sein. Erst dann kannst du sagen, ob dir eine Zahl “gut gefällt” oder ob es auf der Website Verbesserungspotenzial gibt.
“Bessere” Webseiten entstehen durch kontinuierliche Verbesserung
Was bedeutet “besser werden” in dem Sinne? Im Grunde musst du nichts weiter tun, als dir die nächsten Schritte für die Website anhand deiner aktuellen Zahlen zu überlegen. Also: Welche Entwicklung auf der Website möchtest du beeinflussen? Und dann messen, ob die Website nach der Veränderung tatsächlich ihrem/deinem Ziel näher gekommen ist.
Wie genau eine Analyse der Situation bei dir aussieht, hängt davon ab, welche Fragen du beantworten möchtest. Fakt ist jedenfalls, dass am Ende einer Analyse von Zahlen eine Handlungsempfehlung für die Zukunft festgelegt wird. Eine Analyse sollte idealerweise von dem Entscheider, dem sie vorgelegt wird, nur noch mit “Ja” oder “Nein” unterschrieben werden können.
Bitte beachte dabei, dass eine Handlungsempfehlung immer auf die Website-Ziele einzahlt. Es bringt dir nichts, beispielsweise irgendwelche internen Klicks auf eine spezielle Seite zu erzeugen aber dabei zu ignorieren, wozu diese Zielseite überhaupt dient (beispielsweise, um Verkäufe zu erzeugen).
Du brauchst eine möglichst hohe Datenqualität
Neben nicht vorhandenen Zielen ist eine weitere Baustelle, an der viele Unternehmen knabbern, die Datenqualität. Oftmals leiden Unternehmen an hohen Abweichungen zwischen den Zahlen aus dem Webanalyse-Tool und beispielsweise dem Backend. Oder an falschen oder unvollständigen Implementierungen von Webanalyse-Systemen.
Als Grundregel gilt: Abweichungen zwischen den Systemen sind OK.
Denn beide Systeme messen unterschiedlich und können unterschiedlich – negativ – beeinflusst werden. Webanalyse-Systeme leiden beispielsweise unter AdBlockern, Browser-Restriktionen (z.B. ITP bei Safari oder ETP bei Firefox) und deren Einfluss nimmt stetig zu. Allerdings sollten die Abweichungen diesbezüglich eine gewisse Größenordnung nicht überschreiten.
Wichtiger ist, dass du dein Analyse-Tool bzw. das übergreifende Web Analytics-System regelmäßig auf den Prüfstand stellst, etwa mithilfe von Website Audits (manche sprechen hier auch von Website Check oder SEO Check, aber diese Begriffe sind m.E. ein wenig irreführend). Denn wer möchte schon Entscheidungen mit Daten niedriger Qualität provozieren?
Beispielsweise ist es möglich, die Anzahl der Conversions, die ein Webanalyse-Tool meldet, mit denen aus der “Realität” zu vergleichen, also etwa dem Backend deines Shop-Systems. Sollten sich hier größere Abweichungen zeigen, ist es ratsam, die Datenqualität des Webanalyse-Tools auf die Probe zu stellen.
Fokussier dich! Weniger ist oft mehr…
Wir Menschen fallen häufig dem sogenannten “Shiny Object Syndrom” zum Opfer. Also dem Trieb, sich unbedingt etwas Neues anschauen zu wollen, was in unser Blickfeld gelangt. Wir sind eben grundsätzlich sehr neugierig konstruiert.
Vor allem bei Webanalyse-Daten finden wir häufig etwas “interessant” – und wollen verstehen, was konkret hinter den Daten steckt. Wie viele Nutzer haben unseren Content gesehen oder gelesen? Wie ticken Nutzer unserer Website in bestimmten Regionen. Warum haben bestimmte Nutzer etwas getan oder auch nicht?
Doch viele solcher Daten sind für uns oftmals nicht zielführend, weswegen ich auch regelmäßig und eindringlich davon abrate, immer mehr und immer mehr Daten zu erheben – vor allen Dingen dann, wenn sie nur “nice to have” sein würden.
Better start smart than lavish.
Vielmehr geht es doch darum, Daten mit einem gewissen Fokus zu betrachten; Sich auf wenige Daten zu beschränken, diese jedoch intensiv nachzuverfolgen. Und zwar auf Basis der richtigen Fragen.
Es gilt ohnehin die (zweite?) Grundregel: Erhebe keine Daten, für die keine sinnvolle Frage existiert!
Durch meist ohnehin knappe Ressourcen in Unternehmen bleibt oft sowieso keine andere Wahl. Wer nicht 24/7 mit der Datenanalyse beschäftigt ist, sollte sich in puncto Daten eher mit weniger als mit mehr Daten auseinandersetzen – diese jedoch möglichst intensiv nutzen.
Vor allem in der “Lernphase”, in der ein Unternehmen lernt zu verstehen, wie es mit den Daten umzugehen hat, bringt es wenig bis nichts, sich mehrere Projekte und Optimierungen gleichzeitig vorzunehmen. Denn zu jedem einzelnen müssen Hypothesen und Handlungsempfehlungen erzeugt, Änderungen auf der Website durchgesetzt und getestet sowie im Anschluss ein Resümee gezogen werden, ob die Änderung erfolgreich war oder nicht. Und dann das Ganze wieder von vorne.
Für ein Content-Projekt könnte das beispielsweise bedeuten, sich der Ziele klar bewusst zu werden, diese messbar zu machen (Content KPIs) und anhand derer festzustellen, ob alles in Ordnung ist oder ob nachgebessert werden muss. Und das dann auch machen!
Wer nicht lernt, diese Schritte nacheinander auszuführen oder wer vielleicht sogar mehrere Dinge gleichzeitig auf der Website verändert, nimmt Fehler in Kauf.
Beispielsweise können sich mehrere Änderungen, die gleichzeitig getestet werden, gegenseitig (negativ) beeinflussen – wenn sie nicht in isolierten Bereichen der Website durchgeführt werden.
Die (dritte) Regel lautet also: Nicht nur gucken, sondern machen!
Entwickle dahingehend Routinen, die sich mittelfristig immer stärker in die Kultur des Unternehmens einbringen (Stichwort: “Data Thinking”).
Fazit: It’s not easy but I like it
Tatsächlich ist ein Webanalyse-Prozess alles andere als trivial. Aber wer sich einmal darauf eingeschworen hat, der versteht, dass es fahrlässig ist, ohne Daten zu versuchen, etwas zu “verbessern”.
Für alle, die also nach der Erstellung einer Website oder von Content der Meinung waren, dass sie das jetzt so lassen können, kommt hier die schlechte Nachricht: Theoretisch lässt sich mithilfe von Daten auch nachher immer noch einiges verbessern.
Mit Blick auf Content spricht Robert hier ja gerne von “historischer Content-Optimierung” bzw. “Portfoliomanagement”. Und wenn du seine Artikel liest, wirst du feststellen, dass auch er viele seiner Empfehlungen an Daten knüpft.
Denn das echte Hochgefühl erhältst du dann, wenn du Verbesserungen datenbasiert nachweisen kannst und sich echter Erfolg einstellt! Wie oft hast du das schon mal erlebt…?!
Die wichtigsten Take-aways zur Webanalyse
- Erhebe keine Daten, für die es keine konkrete Frage gibt, die relevant für den Geschäftserfolg ist. Messbare Ziele sind das A und O, auch für die Webanalyse.
- Nutze die Daten, um aktiv Veränderungen herbeizuführen – zum Beispiel mit Blick auf die Gestaltung deiner Website oder das Targeting deiner Werbeanzeigen.
- Arbeite mit Hypothesen und Experimenten (z.B. A/B-Tests), um die Güte deiner Veränderungen und damit die Qualität deiner Dateninterpretation zu bewerten. Lerne aus diesen Informationen. Immer und immer wieder.
- Bedenke: Tools machen keine Analyse für dich. Sie machen sie nur einfacher und sind nur so gu, wie die Daten gut sind, die ihnen zugrundeliegen. Prüfe daher immer wieder die Qualität deiner Daten.
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Robert ist Autor des Bestsellers „Content Design“ (Hanser Verlag), unabhängiger Content-Stratege und Gründer dieses Magazins (ehem. „toushenne.de“). Daneben lehrt er Content-Marketing an der FH JOANNEUM sowie Content Design an der ZHAW. Mit über zehn Jahren Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- & SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Freelance-Projekten mit führenden Marken wie Adobe, Bike24 und contentbird, entwickelt er wirksame Strategien für die Optimierung des Content ROI.