Wann wurden aus Tante Emma und dem Milchmann eigentlich Banner Ads und Spam Mails?
Wahrscheinlich durch die neu entstandene Möglichkeit, über das Internet mehr Menschen in weniger Zeit und mit weniger Aufwand zu erreichen, oder?
Das erste, was jedoch auch heute noch bei diesem Wechsel leidet, sind Beziehungen. Denn aus einem Mensch-zu-Mensch- wurde dadurch ein Mensch-zu-Marke-Verhältnis, in dem sich Unternehmen mehr Sorgen um ihren CPM machen, als um ihre Kunden. Und das wird durch neue Technologien und Automatisierung leider eher noch begünstigt.
Übrigens auch im Inbound Marketing, das ja eigentlich als sehr kundenzentriert gilt. Aber wo im Funnel (bzw. Flywheel) hat der Kunde, der Mensch, zum Beispiel die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen und persönliche (nicht gleichzusetzen mit personalisierten) Antworten zu erhalten?
Allerdings tragen Unternehmen nicht die alleinige Schuld an diesem Wandel: In unserer “on-demand economy” wollen wir, als Konsumenten, nicht mehr lange auf Rückmeldung warten (dazu gleich mehr). Wenn wir etwas wollen, dann wollen wir es jetzt. Unsere Geduld sinkt stetig und die Befriedigung unserer persönlichen Bedürfnisse steht an oberster Stelle.
Wirklich glücklich sind wir damit aber auch nicht, wenn wir mal ehrlich sind…
Wie können wir uns also als Konsumenten und Marken einander wieder annähern?
Was braucht es, um wieder echte (Eins-zu-Eins-)Beziehungen aufzubauen?
Ich denke, zuallererst, den Dialog. Jedoch in einer Form, wie er zur heutigen Zeit passt. ;)
Daten, Definitionen, Beispiele & Tipps
Was du hier findest ist die Zusammenfassung zahlreicher Studien, Meinungen, Beispiele und Trends. Da das Thema “Conversational” insgesamt sehr komplex ist, werde ich eine Artikelserie daraus machen und mich in diesem ersten Teil auf “Conversational Interfaces” fokussieren.
- Marktzahlen und Nutzungsstatistiken
- Definition(en) von unterschiedlichen Interface-Typen
- Anwendungsbeispiele für Conversational Interfaces
- Gestaltung (inkl. Exkurs in Richtung Conversational Forms)
- Conversational Experiences (inkl. Exkurs zu Conversational Commerce)
- Fazit & Key Take-aways
Eine Anleitung, um endlich deinen eigenen Chatbot zu programmieren, ist dies nicht! Mehr über Chatbots und Messenger Marketing erfährst du im Gastartikel vom Messenger-Experte Sebastian Riehle sowie in einem Interview mit Chatchamp Gründer Felix Belau. Hier findest außerdem einen übergreifenden Blick auf “Conversational Marketing”.
Beginnen wir unsere Reise an einem bekannten Ort: dem Raumschiff Voyager.
Denn woher stammt die Inspiration für neue Technologien: Aus Geschichten. Aus der Fiktion. Aus Comics und futuristischen Filmen wie Star Trek, wo ein Wissenschaftsingenieur aus dem 23. Jahrhundert mit Technologie aus dem 20. Jahrhundert (einem per Maus gesteuerten PC, was sonst…?!) konfrontiert wird.
Spider Man. A Space Odyssey. Wargames. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Kinderserie Alpha Centauri (Achtung - Streng geheim!), in der sie mit aufklappbaren, smartphone-ähnlichen Geräten sogar per Videotelefonie miteinander sprechen konnten.
Revolutionär!
Aber wo stehen wir heute?
User Interfaces: eine Bestandsaufnahme
Lange Zeit haben wir Interfaces ausschließlich visuell gedacht: Formulare, Buttons, Dropdown-Menüs etc. Die Dominanz reiner “Graphical User Interfaces” (GUI) geht jedoch langsam zu Ende, denn es entstehen immer mehr Conversational User Interfaces (CUI).
Cortana, Siri, Alexa, Samsung Bixby und der Google Assistant sind die bekanntesten, aber definitiv nicht mehr die einzigen Beispiele für Conversational Interfaces. Denn neben sprachbasierten sind textbasierte Interfaces wie Facebook Messenger oder Slack schon viel weiter verbreitet. Einige dieser Tools sind genau genommen sogar beides und befinden sich damit im Sweetspot der Conversational Interfaces:
Tools mit visuellen und/oder sprachgesteuerten User Interfaces (Quelle: Typeform)
Genutzt werden Voice Interfaces vor allem deshalb, weil sie schneller und bequemer zu bedienen sind, als herkömmliche Methoden (ergo Texteingabe oder haptisch), und dabei, laut Voicebots Ahead Report 2018 von brn.ai, trotzdem zufriedenstellende Antworten liefern. In China bspw. werden inzwischen mehr Sprachnachrichten (per “Push-to-Talk”) verschickt, als Textnachrichten – weil es wohl unglaublich anstrengend ist, die Sprache zu tippen, aber auch weil sie kulturell bedingt kein Problem damit haben, in der Öffentlichkeit laut zu sein (sie nennen es “renao”).
Telefonierende Menschen in der U-Bahn in Deutschland? Ätzend! Die Bahn hat dafür nicht ohne Grund separate Zugabteile eingerichtet…
Auch die Gaming Branche in China hat zur Verbreitung von Voice Messaging beigetragen. Denn wer hat beim Spielen schon die Hände frei, um zu tippen?!
Derweil in Deutschland: Du spielst Computerspiele? LOL, du Nerd!
¯\_(ツ)_/¯
Die Verbreitung neuer Technologien ist also sehr stark kulturell bedingt.
Einer Studie von Capgemini zufolge sind das jedoch nicht die einzigen Gründe:
Speziell im E-Commerce nimmt die Bedeutung von Conversational Interfaces stetig zu, zum Beispiel mit Blick auf die Produktsuche, den Kundenservice, den Kauf oder die Bewertung im Anschluss.
Nutzung von Voice Bots (Quelle: brn.ai – The Report 2018: Voicebots Ahead)
Die von Google auf der CES in Las Vegas vorgestellten Fähigkeiten des Google Assistant, Webseiten vollständig und in sehr natürlicher Sprache vorzulesen, sind beeindruckend und demonstrieren, dass wir in naher Zukunft theoretisch auch ganze Webseiten per Sprachbefehl öffnen und auditiv konsumieren werden können:
Sind diese Statistiken nicht Grund genug, um sich näher mit dem Thema zu beschäftigen? Ich denke schon und fange deshalb mal mit einer grundsätzlichen Definition dessen an, worüber wir hier überhaupt sprechen.
Was ist ein Graphical User Interface (GUI)?
Die Übersetzung von GUI lautet “grafische Benutzeroberfläche”. Gemeint ist eine visuelle Art der Interaktion mit einem Computer unter Verwendung von Elementen wie Fenstern, Symbolen (Icons) und Menüs (Buttons), die sich durch die Interaktion verändern (z.B. in ihrer Farbe, Form oder Größe). Ursprünglich wurde sie entwickelt, um die bis dato üblichen Befehle über die Kommandozeile in Betriebssystemen abzulösen und die Benutzung von Computern dadurch zu vereinfachen.
Der Nachteil von GUIs ist, dass wir sie erst verstehen und den Umgang mit ihnen “erlernen” müssen. Blaue, unterstrichene Begriffe sind klickbare Links, die uns auf eine andere Seite führen, das kennen wir. Auch dreidimensional anmutenden Buttons kennen und klicken wir, doch bei sogenannten Ghost Buttons sieht es schon anders aus. Und wie ist das beispielsweise mit drei parallelen Strichen links oder rechts oben in der Ecke einer Website? Was hat es damit auf sich?
Die visuelle Gestaltung beeinflusst unser Verständnis einzelner Elemente
Das Burger Menu Icon ist ein tolles Beispiel, denn es hat lange gedauert, bis es sich etabliert hat. Und noch heute gibt es sicherlich Leute, die dessen Funktion nicht kennen und eher durch Zufall oder reiner Neugier darauf klicken bzw. tippen. Oder es zumindest versuchen, aber nicht schaffen, weil es außerhalb des für uns gut erreichbaren Bereichs liegt…
Willkommen in der Welt der User Experience!
Mit der voranschreitenden technologischen Entwicklung und der Verbesserung der Spracherkennung und -verarbeitung sind wir jedoch auf einem guten Weg, die Interaktion über digitale Kanäle intuitiver, zugänglicher und effizienter zu machen – eben durch Dialogschnittstellen, sogenannte Conversational Interfaces.
Was ist ein Conversational User Interface (CUI)?
Conversational Interfaces sind genau genommen nichts anderes als Dialoge – via textbasiertem Chat oder Sprache – zwischen einer Person und einem Bot oder mehreren Personen (oder mehreren Bots???). Entsprechend unterscheiden wir mit Blick auf das Interface “Chatbots” und “Voice User Interface” (VUI).
CUI haben das Potenzial, das primäre Interface zu sein, mit dem wir Menschen in und mit unserer Welt in absehbarer Zeit interagieren werden. Heute fragen wir Alexa vielleicht nur nach dem Wetter, üben uns als “DJ in da house” oder steuern dieses Haus vielleicht sogar schon via Google Home. Doch nach und nach werden sich unsere Gewohnheiten verändern; werden wir uns an diese Möglichkeiten gewöhnen und immer häufiger in unseren Alltag integrieren. Ein Smartphone hatte auch nicht jeder gleich am ersten Tag, aber ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass unsere Adoptionsrate neuer Technologien immer schneller wird:
Bildunterschrift: Adoptionsrate neuer Technologien (Quelle: The Startup Way, Eric Ries)
Und im Marketing wird das umso schneller gehen, je mehr Tools wir zu Auswahl haben. Ein Trend zeichnet sich jetzt schon ab: Aus Formularen werden Unterhaltungen. Typeform fördert diese Evolution, Unbounce auch und mit Chatbot-Anbietern wie Drift (übrigens ein toller Einstiegspunkt, um sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen) ist es in der Tat nur eine Frage der Zeit, bis wir jede Website per Sprache bedienen können. Doch es gibt abseits der Website (wahrscheinlich ist die vielen Unternehmen einfach noch zu “heilig”, um dort groß zu experimentieren und eventuell Leads zu verlieren…?) auch schon zahlreiche Beispiele, wie Unternehmen Messenger oder Sprachsteuerung einsetzen. Zum Beispiel der Messenger-Service von KLM oder die Sprachsteuerung von Adobes Creative Tools.
Beispiel 1: KLMs Smart Assistant “BlueBot”
“BB”, so nennt KLM ihren Bot, ist nicht nur eine schlaue Assistentin. Sie ist laut Website “ein selbstlernendes System (Künstliche Intelligenz) und hat ihren eigenen professionellen, hilfsbereiten und freundlichen Charakter”. Die Magie basiert unter anderem auf einem einfachen Facebook Messenger Plugin, das nahtlos in den Buchungsablauf integriert ist und die Verbindung zu Messenger auslöst. Wenn jemand ein Ticket bucht oder über KLM.com eincheckt, wird das Facebook-Plugin angezeigt, sofern die Person in den letzten 90 Tagen auf diesem Gerät bei Facebook oder Messenger angemeldet war. Es ist standardmäßig aktiviert, kann aber deaktiviert werden, wenn der Benutzer keine Informationen oder Updates über seinen Flug erhalten möchte.
KLMs Messenger Bot in der Desktop-Variante
KLM geht mit ihrem Conversational Marketing aber bereits einen Schritt weiter und bietet Hilfe beim Kofferpacken via Google Home an und bietet Kunden die Möglichkeit, via Google Assistant auch per Smartphone Flüge zu buchen oder Destinationen vor Ort zu finden (Stichwort: Google Maps).
Überhaupt zeigt ein Blick in den Social Services Bereich, wie weit KLMs Conversational Marketing Strategie schon entwickelt ist: Messenger, WhatsApp, WeChat, Alexa, Google Assistant und und und.
KLM bietet Services über diverse Messenger und Conversational Interfaces
Beispiel 2: Adobe Sensei in der Creative Cloud (z.B. Photoshop)
Adobes künstliches Intelligenz namens “Sensei” steckt mittlerweile in all ihren Tools und kann per Sprachbefehl für gezielte Aufgaben genutzt werden. Zum Beispiel für die Bildersuche innerhalb von Photoshop. Sensei ist damit ein Voice Interface, über das Nutzer die diversen Tools noch intuitiver bedienen können.
Sieh dir dieses kurze Video an und du gewinnst einen guten Eindruck davon, was diese KI leisten kann:
Unterschiede in der Gestaltung von Conversational Interfaces gegenüber GUIs
Die Gestaltung von Conversational Interfaces – und damit meine ich sowohl visuell als auch technisch – erfordert ein anderes Mindset als bei grafischen Interfaces. Denn das Visuelle spielt zugunsten des geschriebenen oder gesprochenen Wortes eine untergeordnete Rolle.
Matty Mariansky, Product Designer des Terminplaner Bots Meekan (inzwischen hat er diesen Service leider eingestellt), geht in seinem Artikel bei alistapart so weit zu sagen, dass “die Bandbreite der möglichen Aktionen und unzähligen Möglichkeiten, wie Benutzer beschreiben können, was sie benötigen, einfach zu groß ist, um es mit Buttons und Bedienelementen darzustellen.”
Was gesagt wird und wie es gesagt wird, ist entscheidend.
Die Aufgabe der Person (oder des Bots) am anderen Ende besteht deshalb primär darin, die Intention des Nutzers zu verstehen und relevante Vorschläge für den weiteren Verlauf der Interaktion zu machen. Und das am besten in Form von kurzen Sätzen und geschlossenen Fragen mit Auswahlmöglichkeiten, etwa: “Welche T-Shirt-Größe trägst du? Wir haben S, M und L.” Dabei sollte sich die Unterhaltung jedoch möglichst natürlich anfühlen. Um das zu gewährleisten sollten wir Smalltalk und Off topic-Dialoge nicht kategorisch ausschließen.
Besondere Aufmerksamkeit in puncto Gestaltung gilt dabei der Animation. “Die Animation verleiht einer Schnittstelle Dynamik, erregt Aufmerksamkeit und verstärkt das Gefühl der Interaktivität. Hier das richtige Timing zu finden, wird entscheidend. Verzögerungen in der Reaktionszeit fügen eine menschliche Dimension hinzu – es ist wie das Gefühl der Vorfreude, wenn man einen Freund sieht, der in einem Chat schreibt”, meint der Schweizer Designer und Autor Adrian Zumbrunnen.
Die Idee ist, so Ajeet Kushwaha, Director Bots & Automation bei Freshworks, “sich von Formularen und Buttons wegzubewegen hin zu einem Austausch, der dem persönlichen Gespräch unter Freunden ähnelt.” Ein schönes Beispiel, wie das funktionieren kann, zeigt Adrian auf seiner Website azumbrunnen.me.
Probier’s aus und du wirst verstehen, was ich meine. ;-)
Der Chat als fester Bestandteil der Website, nicht nur zusätzliches Feature (Quelle: azumbrunnen.me)
Über seine Learnings aus der Umstellung seiner Website schreibt er übrigens hier und was ich bemerkenswert fand, ist folgende Aussage:
Writing took significantly more time than both design and programming combined
Die Herausforderung beim Copywriting ist laut Adrian mehr der soziale Aspekt, weniger die technische Funktionalität. Kleine Details und sogenannte “Easter Eggs” machen viel aus, wenn es darum geht, den Nutzer (im positiven Sinne) zu überraschen und Sympathie zu wecken.
Auch Bots dürfen Humor haben… (Quelle: uxdesign.cc)
Und was noch spannender war: Nach der Integration seines Chatbots hat Adrian erst festgestellt, wie unemotional der Rest seiner Website eigentlich ist. Diese herkömmliche “Website Experience” hat überhaupt nicht mehr zur neuen “Conversational Experience” gepasst.
Auch das zeigt, wie stark der Einfluss “neuer Technologien” sein kann: Lassen sie sich nicht gut integrieren oder führen sie zu einem wahrnehmbaren Bruch in der Customer Experience, zwingen sie uns dazu, entweder alles anzupassen oder darauf zu verzichten. Und letzteres ist langfristig gesehen keine Option mehr…
Ich betrachte das ohnehin lieber als Chance, es besser zu machen, denn insbesondere Formulare sind nicht unbedingt etwas, woran wir Spaß haben. Doch das muss nicht so bleiben!
Conversational Forms: Ein leichter Umstieg von GUI auf CUI
Das bürokratische Deutschland und informationsgeile Unternehmen (Stichwort: Lead-Generierung) sind zwei Instanzen, die mir als Negativbeispiele im Kontext von Formularen einfallen. Ein Beispiel, wann ich gerne Formulare ausfülle, fällt mir tatsächlich nicht nein, auch wenn es mit den Fortschritten durch die Adobe Document Cloud schon deutlich einfacher wird (etwa durch das automatische Eintragen persönlicher Informationen, die digitale Signatur und den elektronischen Versand).
Formulare sind, wie es der UX & Product Designer Miklos Philips so schön sagt, “ein Überbleibsel System-zentrischer User Interfaces” und hoffentlich “sehr bald ein verstaubtes altes Relikt einer verlorenen Vergangenheit”.
Obwohl sich Unternehmen heute schon bemühen, ihren Online-Shop mit Blick auf die Customer Experience umzugestalten, so vergessen sie doch nur zu oft den Checkout-Prozess – und lassen damit wertvollen Umsatz liegen. Denn viele Formulare sind extrem fehleranfällig: es fehlt die Autovervollständigung und -formatierung; sie gehen schlecht mit Eingabefehlern um, geben dem Nutzer kein Feedback und wir sprechen hier noch gar nicht über die Nutzung auf mobilen Endgeräten (z.B. die Anzeige des regulären Buchstaben-Keyboards, wenn du eine Telefonnummer eingeben sollst). Du kennst sicherlich genügend Beispiele.
Doch Besserung ist in Sicht! Allein der Vergleich von Tools wie bspw. Google Forms versus Typeform macht das schon deutlich. Denn Letzteres macht, fast schon unabhängig von den Fragen, Spaß – eben weil es ein Conversational UI ist.
Google macht aber auch nicht alles falsch. Die Eingabevervollständigung durch den Chrome Browser ist ein Feature, an das ich mich persönlich schon lange gewöhnt habe. Mit nur einem Klick kann ich dadurch Formulare mit meinen Daten befüllen. Angeblich geht laut einer Google Studie die Zahl der ausgefüllten Formulare ohne dieses Features um eindrucksvolle 25% zurück! Auch Social Sign-ins schlagen in dieselbe Kerbe und vereinfachen das Ausfüllen von Formularen. Und dann wären da ja noch die unzähligen Tools, die uns zu Hilfe eilen. Mit Fobi.io kannst du beispielsweise die eben noch kritisierten Google Forms in Chatbots konvertieren.
Die spannende Frage lautet also: Wie können wir Formulare ganz konkret verbessern?
6 Tipps, um Formulare zu verbessern
- Zeige auf mobilen Endgeräten stets das zur Eingabe passende Keyboard an. Fragst du eine Telefonnummer ab? Dann blende direkt den Ziffernblock ein, sobald der Nutzer dieses Feld fokussiert. Du fragst nach einer E-Mail? Nach einem Datum?
- Ermögliche deinen Nutzern alternative Eingabemethoden, bspw. das Abfotografieren ihrer Kreditkarte.
- Ändere den Ton deiner Formulare von formal zu konversationell. Ein Beispiel: Statt dein Eingabefeld “Vorname, Nachname” zu labeln könntest du fragen “Wie heißt du?”
- Ergänzend dazu könntest du diese Informationen Dialog-artig aufgreifen, zum Beispiel indem du danach fragst “Hallo Daniel, ich bin Robert. An welche E-Mail-Adresse soll ich das E-Book schicken?”
- Du könntest auch die Abfragen selbst in Sätze einbetten, wie in diesem Beispiel:
- Verwandle dein Formular in einen Chatbot und ersetze die Eingabefelder deiner Formulare durch eine Konversation im Frage-Antwort-Format. Ein tolles Beispiel ist der britische Versicherer für Freelancer “With Jack":
Aber auch Chatbots sind noch nicht das Maß aller Dinge, denn “wir können Probleme nicht lösen, indem wir die gleiche Art von Denken anwenden, die wir bei ihrer Entstehung verwendet haben” (Albert Einstein). Herausragende User Experiences entstehen durch die Integration von künstlicher Intelligenz und Sprachsteuerung.
Werden GUIs künftig komplett durch VUIs ersetzt? (Quelle: toptal.com)
Vom Conversational Interface zur Experience
In aller Kürze beschreibt der Begriff “Conversational User Experience” (CUX) im Vergleich zur Art und Weise, wie und wo ein Dialog stattfindet, den Dialog an sich, den ein Nutzer mit einem realen oder virtuellen Vertreter (Bot) eines Unternehmens führt.
Dieser Prozess wird zunehmend durch künstliche Intelligenz, sogenannte “Conversational AI”, unterstützt. Vor allem die automatisierte Spracherkennung, die Verarbeitung natürlicher Sprache (besser bekannt als “Natural Language Processing”, kurz NLP) sowie Machine Learning (ML) kommen dabei zum Einsatz, um die Effektivität solcher Bots zu verbessern. Anders als die klassischen Chatbots, die wir vielleicht schon von Webseiten kennen, basieren KI-gestützte Conversational Interfaces nicht auf fixen Auswahlmöglichkeiten, die ihre Dialogfähigkeiten beschränken. “Die effektivste KI wurde umfassend geschult, um eine Vielzahl von Wörtern und Sätzen zu verstehen, und kann die Absicht eines Kunden auch in einem komplexen Satz verstehen”, so Ajeet. NLP ist dabei aber momentan noch das Bottleneck, denn wir schreiben grammatikalisch nicht perfekt, machen Rechtschreibfehler und nutzen Slang, den KI zunächst erlernen muss – ein weiterer Vorteil von Sprache gegenüber dem geschriebenen Wort.
Wir müssen auch hierfür keine Entwickler sein, sondern können uns diverser Tools zur Spracherkennung ermächtigen. Aber unter uns: Mit den diversen “DIY” Chatbot-Tools komme ich noch zurecht, aber hier stoße auch ich an meine Grenzen. Zumal mir einfach der Use Case fehlt. Dennoch halte ich einen Blick auf solche Tools für sinnvoll, um einfach mal ein Gefühl dafür zu bekommen, was möglich ist und wo wir aktuell stehen.
- Google Cloud Text-to-Speech (kostenpflichtig)
Mit Speech-to-Text kannst du Audio in Text umwandeln – in 120 verschiedenen Sprachen. Damit könntest du also bspw. Sprachaufzeichnungen aus dem Servicecenter transkribieren, um sie danach (textbasiert) zu analysieren. - Microsoft Azure Cognitive Services (kostenpflichtig)
Auch Microsoft bietet seine KI zur Spracherkennung und -verarbeitung an. Sowohl für Text-to-Speech als auch umgekehrt, einschließlich einer möglichen Übersetzung. - Wit.ai
Wit ermöglicht das einfache Erstellen von text- oder sprachbasierten Bots für diverse Einsatzorte – vom Bot über Mobile Apps bis hin zu IoT und Home Devices.
Nichts eignet sich besser als Automatisierung, um schnelle Antworten auf einfache Probleme zu geben. Aber Chatbots haben nicht immer den nuancierten Touch einer echten Person. Und sobald der Nutzer komplexere Anfragen stellt, stößt auch der beste Bot an seine Grenzen und muss von einem Menschen abgelöst werden. Und zwar sofort. Hierbei ist es wichtig, dass dieser Übergang nahtlos geschieht.
Nahtlos nicht zwangsläufig im Sinne von “der Nutzer merkt davon nichts” sondern eher im Sinne von “der Mensch baut auf der vorherigen Interaktion mit dem Bot auf”. Denn nur wenn er die bereits gesammelten Hintergrundinformationen und den aktuellen Kontext kennt, wird daraus eine tolle User Experience.
Und nur dann entsteht durch eine solche Unterhaltung auch echtes Vertrauen.
Also egal ob mit Hilfe von KI oder ohne, ein Chatbot muss in der Lage sein, den Nutzer zu verstehen und in seinem Antworten sämtliche Informationen über den Nutzer berücksichtigen. Brad Birnbaum, CEO & Gründer von Kustomer, formuliert die Situation in seinem Forbes-Artikel sehr simpel, aber treffend:
If you want to engage your customers on a 1-1 basis and in real time, then your entire customer experience needs to be part of the conversation.
Wenn wir unsere Kunden in Echtzeit in einem Dialog begegnen wollen, muss das gesamte Kundenerlebnis Teil dieser Unterhaltung sein.
Birnbaum liefert dazu auch ein eingängiges Beispiel: Retourniert ein Kunde ein Produkt, mit dem er seit Monaten Probleme hat, ist das eine völlig andere Unterhaltung als wenn er lediglich ein Produkt retourniert, dass er kürzlich erhalten und vielleicht doch nicht haben möchte. Denn im ersten Fall könnte es sich um ein inhärentes Problem mit dem Produkt handeln, das ggf. auch andere Kunden beeinträchtigt. Im zweiten Fall stimmen vielleicht die Erwartungen einfach nur nicht mit der Realität überein.
Conversational Commerce ist als Begriff noch nicht einheitlich definiert. Einerseits wird es lediglich als die bidirektionale Kommunikation zwischen Konsumenten und Marken verstanden, andererseits ist damit unter Umständen auch die direkte Bestellung und Kaufabwicklung (einschließlich finanzieller Transaktion, zum Beispiel via “In-Skill Purchases” mit Blick auf Amazons Alexa oder “Google Home Transactions” via Google Pay) über Conversational Interfaces wie bspw. Messenger gemeint. Immerhin können WeChat-Nutzer darüber schon ein Taxi ordern, Freunden Geld senden (ähnlich wie per PayPal hierzulande) aber auch die Wasserrechnung zahlen. Grob können wir sagen, dass Conversational Commerce einen “Point of Sale” beschreibt.
Aus Unternehmenssicht geht es darum, Einfachheit, Bequemlichkeit und Schnelligkeit zu bieten, während der Kunde unterwegs ist und einen Großteil seiner Aufmerksamkeit anderen Dingen widmet (zum Beispiel zu schauen, wo er gerade hinläuft… #Smombie). Das gilt insbesondere für Voice Commerce, wo Unternehmen ihre Produkte über einen Dialog mit einem digitalen Assistenten verkaufen könnten. Die Herausforderung speziell bei sprachgesteuerten Interfaces liegt jedoch in der Produktauswahl, denn Marken können sich weder auf Produktfotos noch visuelle Direktion durch ihr Sortiment verlassen, sondern müssen anhand von präzisen Produktversprechen das relevanteste Angebot kommunizieren. Dennoch: schon heute ist das möglich und auch deutsche Unternehmen wie car2go, FlixBus oder EDEKA sind bereits am Experimentieren. Im Englischsprachigen Raum gehört der Nachrichtendienst Quartz sicherlich zu den bekanntesten Pionieren.
Quartz News im Messenger (Quelle: Typeform)
Wir sind also nicht mehr weit davon entfernt, “Sprache” – ob geschrieben oder gesprochen – im Kontext des Voice Commerce zu einem größeren Ökosystem weiterzuentwickeln. Die Technik ist vorhanden und auch Käufer. Aktuell fehlen eigentlich nur noch die Unternehmen (und wahrscheinlich ein paar gesetzliche Regelungen), die sich trauen, ein entsprechendes Angebot über Conversational Interfaces anzubieten.
Mein Fazit: Conversational Interfaces werden zum Standard. Vielleicht nicht heute, aber morgen.
Wenn wir selbst genervt sind von schlecht konzipierten Formularen, die unseren Stresslevel jedes Mal aufs Neue in die Höhe treiben, warum wollen wir unseren Nutzern dann weiterhin dasselbe antun?
Natürlich wissen wir, worauf es bei der benutzerfreundlichen Gestaltung von Formularen und anderen grafischen Interfaces ankommt, aber müssen wir wirklich an dieser Form des Austausches festhalten?
Ich sehe vor allem Designer, die den Wechsel von klassischen Formularen hin zu sprachgesteuerten Interfaces forcieren – und sich damit ja irgendwie selbst in Gefahr bringen. Aber sie haben meines Erachtens einfach einen realistischeren Blick auf die Zukunft und tun gut daran, frühzeitig Erfahrung zu sammeln. Das sollten wir Marketer und Content-Schaffende auch tun, denn unsere Arbeit beeinflusst die User Experience ebenfalls.
Mein abschließendes Fazit und Rat an dich lautet daher:
Mach dich schon heute mit den Möglichkeiten von Chatbots und Conversational User Interfaces vertraut.
Du musst dafür das Rad ja nichtmals neu erfinden, sondern kannst zum Beispiel bei Facebook Messenger Bots ansetzen. Am Ende geht es darum, Wege zu finden, wie wir mit unseren Kunden und Konsumenten in Kontakt treten können, uns austauschen können, Vertrauen gewinnen und Beziehungen aufbauen können – auf eine Art und Weise, wie sie für uns Menschen natürlich erscheint: durch den Dialog (in Echtzeit).
Abschließend das Wichtigste auf einen Blick
- Die Dominanz grafischer User Interfaces kommt langsam aber sicher zu einem Ende. Wir werden Webseiten, Apps und Software sicherlich noch eine Weile über Links, Buttons und Schaltflächen bedienen, aber die Sprachsteuerung wird zunehmend als eine Alternative integriert werden.
- Conversational Interfaces, insbesondere sprachgesteuert, sind im Vergleich zu Texteingabe-basierten Interfaces einfach, schnell und bequem zu bedienen und liefern inzwischen ähnlich zufriedenstellende Resultate.
- CUI, insbesondere Bots, sind im Vergleich zu GUI und Apps deutlich schneller zu entwickeln und lassen sich mit weniger Aufwand distribuieren und updaten. Der Wechsel in die Cloud, wie das Adobe in den letzten Jahren vollzogen hat, ist zwar ein Schritt in dieselbe Richtung, zwingt Nutzer aber immer noch auf eine “fremde” Plattform.
- CUI funktionieren plattformübergreifend, da sie nicht von starren visuellen Strukturen abhängig sind. Dadurch erhalten sie gleichzeitig enorm viele wertvolle kontextuelle Informationen, die in die Interaktion mit dem Nutzer einfließen können (und sollten), um die User Experience weiter zu personalisieren. Gleichzeitig entfällt der “Download- und Installationszwang” sowie das Onboarding in immer neue Apps Wozu die Uber App installieren, wenn man sein Taxi auch aus dem Facebook Messenger heraus rufen kann?
- Durch die Reduktion der Reibung (wie wir sie in vielen Formularen noch erleben) bei zunehmender Kollaborationsfähigkeit von Interfaces (z.B. über den Dialog, Empfehlungen oder Auswahlhilfen durch KI) steigt die Qualität von Apps insgesamt. Dadurch werden in Zukunft immer komplexere Aufgaben leichter lösbar. Nicht ohne Grund heißt der Google Assistant Assistant.
- Unterm Strich ist durch CUI die Personalisierung fast schon eine Selbstverständlichkeit und Teil des Konzepts. Slack ist wahrscheinlich ein gutes Beispiel, denn jeder wird dort unterschiedliche Dienste integriert haben, um seinen eigenen Workflow zu optimieren – sei es der Google Kalender, Trello oder der Website Chat, die sich nun alle direkt aus Slack heraus bedienen lassen.
Für Unternehmen mag das alles zunächst schwieriger wirken, als die Entwicklung herkömmlicher Interfaces, aber auf lange Sicht macht sich diese Investition bezahlt. Zum Beispiel durch den “Direktzugriff” auf Nutzer via Push Notifications, eine stabile Vertrauensbasis und extrem viele kontextuelle Nutzungsdaten – um nur einige der Vorteile zu nennen. -- Kennst du weitere Beispiele sprachgesteuerter oder zumindest dialogorientierter Interaktion mit Webseiten/Unternehmen? Nutzt du vielleicht selbst das eine oder andere derartige Angebot? Wenn nicht, was hält dich davon ab? Schreib mir einen Kommentar und steig in die Diskussion auf LinkedIn ein, ich bin gespannt zu hören, wie du zu Conversational Marketing stehst!
Kennst du weitere Beispiele sprachgesteuerter oder zumindest dialogorientierter Interaktion mit Webseiten/Unternehmen? Nutzt du vielleicht selbst das eine oder andere derartige Angebot? Wenn nicht, was hält dich davon ab?
Schreib mir einen Kommentar und steig in die Diskussion auf LinkedIn ein, ich bin gespannt zu hören, wie du zu Conversational Marketing stehst!
Weiterführende Tipps zum Design von Conversational UI
- Designing the Conversational UI, Matty Mariansky
- The Ultimate Designer’s Guide To Voice User Interfaces, Justin Baker
- Building Human Conversation with Design, Yuriy Uchanov
- Conversation Design Process, Google (ähnliches bieten auch Amazon und Apple)
- Übersicht unterschiedlichster “Conversational Apps” auf Producthunt
Conversational Experts, denen du folgen solltest
- Adrian Zumbrunnen, Designer, Google
- Ajeet Kushwaha, Gründer von Seekify
- Matty Mariansky, Senior Product Manager, DoodleT
- Sophie Hundertmark, Chatbot Consultant & Gründerin von ai-zurich
- Sebastian Riehle, Messenger Marketing Pionier in Deutschland
- Brad Birnbaum, CEO & Gründer von Kustomer
- Connor Cirillo, Senior Conversational Marketing Manager, HubSpot
- Sascha Wolter, Chief UX/Conversational AI Advisor, Deutsche Bahn
- Sara Pion, Growth Marketer, Drift
- Laurent Burdin, Gründer von Space and Lemon
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Robert ist Autor des Bestsellers „Content Design“ (Hanser Verlag), unabhängiger Content-Stratege und Gründer dieses Magazins (ehem. „toushenne.de“). Daneben lehrt er Content-Marketing an der FH JOANNEUM sowie Content Design an der ZHAW. Mit über zehn Jahren Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- & SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Freelance-Projekten mit führenden Marken wie Adobe, Bike24 und contentbird, entwickelt er wirksame Strategien für die Optimierung des Content ROI.