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Robert Weller
Content-Stratege, Buchautor und Dozent für Content Marketing.

Content-Strategie ist optional; Alignment ist der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg durch Content

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Content

Entdecke den Business Value deines Contents.

„Sicherlich einer der inhaltlich wertvollsten Newsletter, die ich bisher erhalten habe.“

Andreas Hoffmann
Head of Marketing @ OmniCult

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Wir brauchen dringend mehr Content!

Unsere Social Media Performance ist katastrophal!

Wir haben nicht genug Ressourcen, um alle Kanäle zu bedienen!

Kennst du das? Als Content-Verantwortliche:r stehst du täglich vor der Herausforderung, deine begrenzten Ressourcen sinnvoll zu investieren. Egal, ob im Unternehmen oder freischaffend. Du musst entscheiden, welche Content-Ideen du umsetzt und wie du dem Leistungsdruck standhältst.

Die typische Antwort auf diese Herausforderungen ist oft dieselbe: Du brauchst eine (bessere) Content-Strategie!

Eine spontane Umfrage auf LinkedIn bestätigt das: Fast 90 % der Antwortenden halten eine Content-Strategie für unverzichtbar.

Screenshot einer LinkedIn-Umfrage im Februar 2025
Nicht repräsentativ, aber bezeichnet für die vorherrschende Meinung (Screenshot: LinkedIn)

Aber ich wage es trotzdem zu widersprechen:

Du brauchst keine Content-Strategie, sondern etwas ganz anderes. Und ich erkläre dir auch, was.

Was ist Strategie? Eine Definition.

Die Frage nach ihrer Strategie beantworten Content-Verantwortliche mit Antworten wie:

  • „Wir publizieren wöchentlich Content im Blog und teilen diesen über Social Media, um unseren organischen Traffic zu steigern.“

  • „Wir wollen unsere Markenbekanntheit erhöhen und durch Content-Marketing mehr Leads generieren. Wir erstellen qualitativ hochwertige Inhalte, die in Suchmaschinen gut ranken und potenzielle Kunden durch den Funnel führen.“

Aber das sind keine Strategien. Ohne die Verknüpfung zu übergeordneten (Unternehmens)Zielen bleiben es Taktiken. Wie positionieren sie sich? Wie entscheiden sie, was sie tun und nicht tun? Und was heißt überhaupt „qualitativ hochwertige Inhalte“? (Siehe dazu auch meinen Artikel über guten Content. 😉)

Wir müssen also zunächst einen Schritt zurücktreten, um zu verstehen, was Strategie wirklich ist. Denn der Begriff wird heute geradezu inflationär verwendet (Marketingstrategie, Produktstrategie, Go-To-Market-Strategie etc.) und dabei oft missverstanden.

Laut Harvard Professor Michael Porter, einem der wichtigsten Vordenker auf dem Gebiet der (Business)Strategie, geht es bei Strategie um die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen durch eine differenzierte Positionierung und die Auswahl der richtigen Aktivitäten. Diese Definition betont das langfristige Denken und das Ziel, sich von der Konkurrenz abzuheben. Kernelemente einer „Porter’schen Strategie“ sind:

  1. ein klarer Zielzustand (Was wollen wir werden?),
  2. eine Unique Value Proposition (nicht nur im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals, sondern auch als konkretes Wertversprechen an Kund:innen),
  3. explizite Trade-offs, sowie
  4. effektive Systeme (Flywheels), wo sich verschiedene Initiativen gegenseitig verstärken.

Strategie-Beispiel: Spotify beschreibt Vision, UVP, Trade-offs und Flywheels

Spotifys Bestreben ist es, die wichtigste Musik-Streaming-Plattform zu sein. Ihre Strategie ist, die umfangreichste Musikbibliothek mit personalisierten Discovery Features (Value Proposition) anzubieten, die sie sowohl durch Werbung als auch durch Abonnements finanzieren (Dual Revenue Model als Flywheel). DasUnternehmen hat sich dabei explizit gegen die Produktion eigener Inhalte sowie physischer Produkte entschieden (Trade-offs).

Im selben Stil kannst du auch die Strategie von IKEA (modular und erschwinglich, dafür kein Service) oder United Airlines (günstig, dafür keine Extras an Bord) beschreiben. Dir fallen vielleicht auch gleich weitere ein …

Ein anderes, in gewisser Weise noch breiteres Verständnis von Strategie liefert der US-amerikanische Autor und Unternehmer Seth Godin in seinem neuesten Buch, This is Strategy, schreibt er:

"Strategy is a philosophy of becoming."

Diese Perspektive gefällt mir besonders gut, weil sie die gezielte Entwicklungsabsicht betont und nicht Performance-orientiert ist. Wir wollen zu etwas werden, uns verändern; statt „nur“ mit einer Geschäftsidee erfolgreich zu sein. Darin steckt eine intrinsische Motivation.

Auch „Strategie-Influencer“ Alex M. H. Smith betont immer wieder, wie wichtig diese Einsicht ist:

"A strategy is a decision about who you are. It’s not about deciding what to do. It’s about deciding what to be. This is permanent. It … acts as the guiding principle that determines action."

Eine Strategie beschreibt, wie wir Entscheidungen treffen, wie wir sie umsetzen und wie wir uns verhalten, wenn mal nicht alles nach Plan verläuft.

Aus Porters, Godins und Smiths Definitionen geht insbesondere eine wichtige Erkenntnis hervor: Es kann – pro angestrebter Veränderung (was oft gleichzusetzen ist mit dem Existenzgrund eines Unternehmens) – nur eine Strategie geben.

Eine, von der sich alles andere ableitet.

Eine, auf deren Basis alle Entscheidungen getroffen werden.

Eine, der alle anderen „Strategien“ untergeordnet sind. Auch die Content-Strategie.

Ich verstehe Content dahingehend immer mehr als Bindeglied zwischen den verschiedenen Puzzleteilen von Strategie und Umsetzung.

Content-Strategie Puzzle
Content hängt (oder hält sogar) mit anderen Teilen der Strategie zusammen (Inspiriert durch Dr. Marc Sniukas)

Um durch Content langfristig erfolgreich zu sein, brauchst du Alignment.

„Alignment“ lässt sich hier leider nur schwer so übersetzen, dass die verschiedenen Bedeutungsebenen vollständig abgebildet werden. Betrachte die Strategie-Beispiele von Spotify oder IKEA und überleg dir doch einfach mal, wie du Content dahingehend „ausrichten“ kannst. Dient Content als Inspiration? Muss Content genauso modular sein wie die Möbel? Bedenke auch, wie Content die Wechselwirkungen zwischen Puzzleteilen beeinflussen könnte.

Content ist kein Selbstzweck, sondern dient zur Umsetzung deiner übergeordneten Strategie.

Für dich heißt das:

  1. Verstehe deine Unternehmensstrategie: Bevor du Content konzipierst, musst du wissen, wie sich dein Unternehmen entwickeln will und wodurch es sich differenziert.

  2. Triff bewusste Entscheidungen: Nicht jeder Trend muss bedient, nicht jede Plattform bespielt werden. Eine (Content-)Strategie hilft uns, besser Entscheidungen zu treffen und – häufiger als du denkst – „Nein“ zu sagen. Dient diese Content-Idee unserer angestrebten Positionierung? Unterstützt diese Idee bei der Differenzierung? Erreichen wir damit unsere Zielgruppe?

  3. Entwickle Systeme: Statt einer endlosen Content-Wunschliste (Wir brauchen mehr Content! Wir brauchen mehr Ressourcen!) benötigst du ein System, das dir hilft, die richtigen Dinge richtig zu tun. Denn letztlich ist Content-Strategie eine Praxis – die Praxis, Entscheidungen rund um Content im Einklang mit deiner übergeordneten Strategie zu treffen.

Zwei häufige Einwände und meine Sicht darauf.

Bevor wir uns anschauen, wie Content-Alignment in der Praxis aussieht, will ich noch zwei wichtige Fragen bzw. mögliche Einwände klären:

  1. „Aber ich brauche doch Prozesse und Dokumentation für die Content-Erstellung!"

Natürlich sind operative Leitlinien wie Styleguides oder dokumentierte Workflows hilfreich. Aber das sind taktische Werkzeuge zur Umsetzung deiner Strategie, nicht die Strategie selbst.

  1. „Was ist mit Unternehmen, die noch keine klare Strategie haben?"

Gerade dann ist es wichtig, nicht vorschnell eine isolierte Content-Strategie zu entwickeln. Nutze Content stattdessen als Werkzeug, um deine Positionierung überhaupt erstmal zu finden/definieren: Welche Inhalte differenzieren dich wirklich? Welche Art von Content entspricht deiner angestrebten Identität? Welche Inhalte resonieren mit Kund:innen?

Wie sieht Content-Alignment in der Praxis aus?

Überall anders. Schauen wir daher konkrete Beispiele an:

Patagonia: Durch Content Werte leben.

Patagonias Unternehmensstrategie ist es, ein profitables Unternehmen zu sein, das Umweltaktivismus vorantreibt. Entsprechend:

  • schreiben sie Artikel, die Menschen aktiv vom Kauf neuer Kleidung abraten;
  • teilen sie detaillierte Reparaturanleitungen für ihre Produkte;
  • produzieren sie keine klassischen Produktkataloge, sondern Umwelt-Dokus.

Ein Blick in ihr „Story Archiv“ macht deutlich, was Patagonia als Organisation wichtig ist:

Screenshot von Patagonias Story Archiv
Patagonias „Storys“ thematisieren unter anderem Umwelt, Klima und Naturschutz – und zahlen damit auf die Positionierung als nachhaltiges Unternehmen ein (Screenshot: www.patagonia.com/stories/all/articles/)

Diese Content-Entscheidungen würden für viele andere Modemarken keinen Sinn ergeben. Für Patagonia sind sie jedoch perfekt, denn sie unterstützen bei der Differenzierung (Wie?) und stehen im Einklang mit den Unternehmenswerten (Warum?).

N26: Durch Content Einfachheit ausdrücken.

Die Digital-Bank N26 will Banking radikal vereinfachen. Ihr Content-Alignment zeigt sich durch:

  • kurze, fast schon minimalistische Erklärvideos;
  • den Fokus auf Mobile-First-Formate;
  • den Verzicht auf komplexe Fachbegriffe. Selbst komplizierte Finanzthemen werden so aufbereitet, dass sie zur „einfach & digital“-Strategie passen.

Faber-Castell: Durch Content Expertise demonstrieren.

Der Schreibwarenhersteller positioniert sich als Premium-Marke mit jahrhundertelanger Expertise. Ihr Content:

  • ist auf Handwerk und Kunsttechniken statt auf Trends fokussiert;
  • erklärt komplexe Produktionsverfahren im Detail;
  • verstärkt die strategische Position als Qualitätsführer.

Hier ein Beispiel-Video, wie sie Stifte herstellen:

In all diesen Beispielen folgen Content-Entscheidungen der Unternehmensstrategie. Es gibt keine separaten „Content-Ziele“, sondern nur die Frage: Wie können wir durch Content unsere Strategie umsetzen (etwa unsere Positionierung stärken)?

Genauso handhabe ich das auch selbst mit meiner Neuausrichtung als unabhängiger Strategieberater und Dozent:

  • „Durch Content langfristig erfolgreich sein” ist mein Leitmotiv, dem alle Themen folgen, die ich in Artikeln adressiere.
  • Meine Arbeit ist akademisch angehaucht: wenn auch nicht objektiv, so lege ich großen Wert auf ein theoretisches Fundament, Struktur und vor allem einen Erkenntnisgewinn.
  • Durch eigene, fremde oder auch mal fiktive Beispiele entsteht der Bezug zur Praxis meiner Zielgruppe (Solopreneure sowie Content-Verantwortliche in Unternehmen).

Alignment durch die strategische Bewertung von Content-Projekten.

Um diese Konsistenz zu erreichen, empfehle ich dir die strategische Bewertung von Content-Projekten. Denn Ideen für neuen Content haben wir oft viele, aber welche davon setzen wir um? Welche davon zuerst? Und wie viel investieren wir in die Umsetzung?

Solche Fragen können wir beantworten, indem wir es uns zur Gewohnheit (wichtig!) machen, Ideen von „Projekten“ – also Content, für dessen Umsetzung wir uns bereits entschieden haben und in die Planung gegangen sind – zu trennen und diese regelmäßig zu bewerten.

Im Fall von Patagonia könnte ich mir beispielsweise vorstellen, dass Content-Ideen durch Fragen wie:

  • Fördert der Content Umweltbewusstsein?
  • Inspiriert er zu nachhaltigem Konsum?
  • Ist er authentisch und transparent?

bewertet und nur dann umgesetzt werden, wenn sie alle mit „Ja“ beantwortet werden. Allgemein könnten das Fragen sein wie:

  • Unterstützt dieser Content unsere strategische Position?
  • Stärkt er unsere Differenzierung im Markt?
  • Passt die Art der Content-Erstellung zu unserer Identität?

Auf diese Weise stellst du sicher, dass du/ihr die richtigen Themen umsetzt.

Content entsteht allerdings oft in Isolation oder wird in einer einzelnen Abteilung geplant, etwa im Marketing. Dabei zeigt die Praxis: Selbst, wenn die Themen inhaltlich perfekt zur Strategie passen, kann mangelndes strukturelles Alignment den Erfolg verhindern. Der folgende Fall aus meiner Beratungspraxis verdeutlicht, wie entscheidend die strukturelle Integration von Content sein kann:

Alignment durch Kollaboration und strukturelle Anpassungen.

Bike24 Logo

Case Study: Re-Organisation bei Bike24

Während meiner Arbeit mit dem E-Commerce-Spezialisten Bike24 stießen wir auf ein Spannungsfeld, das dem Content-Team die Arbeit erschwerte: Sie mussten immer wieder abwägen, ob sie als „interner Content-Dienstleister“ Anfragen der Kolleg:innen aus anderen Abteilungen priorisieren oder ihre eigenen Marketingziele verfolgen. Die daraus entstandenen Spannungen beeinträchtigten sowohl die Effizienz des Teams als auch die Effektivität von Content. Unzufriedenheit war eine weitere Konsequenz.

Nach diversen Gesprächen und Workshops entschied sich das Team dafür, sich aufzuteilen: Das „Content Marketing-Team“ fokussiert sich seitdem unter gewohnter Leitung primär auf externe Kanäle (Social Media, Anzeigen etc.), während ein neues „Platform Editorial-Team“ insbesondere Website-Content wie Ratgeber priorisiert.

Durch die klare Aufgabentrennung entstehen neue Synergien und die Teams erkennen nun leichter Potenziale für eine Zusammenarbeit, etwa beim Alignment ihrer OKRs. Sie können ihre jeweiligen Stärken jetzt viel gezielter einsetzen.

Was können wir daraus lernen? Echtes Content-Alignment erfordert zwei Dinge:

  1. Die gemeinsame Planung auf strategischer Ebene, damit Content-Initiativen mit anderen Projekten synchronisiert sind (etwa Produkteinführungen oder ein Website-Relaunch).

  2. Übergreifende Ziel- & Reporting-Strukturen wie OKRs, die Content-Teams enger mit anderen Abteilungen verbinden und ihren Beitrag mit Blick auf die Gesamtstrategie sichtbar machen.

Nur wenn beides zusammenkommt – inhaltliches und strukturelles Alignment – kann Content sein volles Potenzial entfalten.

 

Und damit möchte ich alle Content-Verantwortlichen, speziell euch Content-Strategen, ausdrücklich ermutigen, Veränderungen auch über ihre Abteilungsgrenzen hinaus abzuwägen – und „weiter oben“ anzusprechen!

 

Du stehst vor einer ähnlichen Herausforderung und weißt nicht weiter? Dann lass uns darüber sprechen!

 

Du willst noch mehr zum Thema lesen? Dann empfehle ich dir die folgenden Artikel:

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Robert Weller

Robert ist Autor des Bestsellers „Content Design“ (Hanser Verlag), unabhängiger Content-Stratege und Gründer dieses Magazins (ehem. „toushenne.de“). Daneben lehrt er Content-Marketing an der FH JOANNEUM sowie Content Design an der ZHAW. Mit über zehn Jahren Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- & SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Freelance-Projekten mit führenden Marken wie Adobe, Bike24 und contentbird, entwickelt er wirksame Strategien für die Optimierung des Content ROI.

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