Viele von uns Content-Verantwortlichen sind so sehr auf die Produktion neuer Inhalte fokussiert, dass wir vorhandene Inhalte komplett ignorieren.
Das ist riskant, denn nicht jeder neue Artikel, jedes neue Video oder jede neue Podcast-Episode wird garantiert ein Hit werden. Vielleicht schafft es ein Artikel in die Google Rankings und generiert Traffic, aber konvertieren diese Besucher:innen auch?
Nicht immer zahlt neuer Content sofort auf unsere Businessziele ein.
Das heißt allerdings nicht, dass unsere Content-Idee nicht gut war und wir uns einfach der nächsten zuwenden. Vielmehr sollte uns dieser Umstand ein Anlass sein, diese Inhalte genau zu analysieren, um zu verstehen, was nicht funktioniert und warum. Denn nur dann können wir unseren Content optimieren und das volle Potenzial ausschöpfen.
Mit einem Content Audit können wir Inhalte mit suboptimaler Performance identifizieren – und anschließend im Detail analysieren.
In diesem Artikel erfährst du alles Wichtige über Content Audits auf einen Blick/Klick:
- Definition: Was ist ein Content Audit?
- Wann und warum sollten wir Content Audits durchführen?
- Content Audit Guide: Wie analysiere ich meine Inhalte richtig und was mache ich mit den Ergebnissen?
- Zusammenfassung und Antworten auf häufig gestellte Fragen
Falls du eine detaillierte Anleitung für deinen nächsten Content Audit suchst, wirst du hier nur bedingt fündig. Ich beschreibe zwar den Prozess, aber eher methodisch und nicht bis in jedes praxisrelevante Detail. Warum? Weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass sich das konkrete Vorgehen von Fall zu Fall unterscheidet; andere Fragen, andere Inhalte, andere Ressourcen und Budgets. Das hat alles Einfluss auf die Herangehensweise.
Daher findest du Insights aus meiner Arbeit bei konversionsKRAFT sowie konkrete Tool-Tipps optional in den bunten Kästen. Entscheide selbst, wie sehr dich das interessiert. ;)
Und meld dich gerne bei mir, wenn du konkrete Fragen zu Content Audits hast.
Definition: Was ist ein Content Audit?
Ein Content Audit definiert sich als systematische Performance-Analyse vorhandener Inhalte, um Optimierungspotenziale zu identifizieren.
Dabei können wir uns auf bestimmte Aspekte wie SEO oder die UX-Performance fokussieren, oder in einem umfangreichen Audit die gesamte Wertschöpfung von Content im Business-Kontext analysieren – auch außerhalb unserer eigenen Website.
Letztlich hilft uns ein Audit zu verstehen, welcher (Website-)Content „funktioniert“ und welcher nicht. Daher werden bei einem Content Audit auch immer parallel die Content-Strategie und der „Content Workflow“ (vor allem die Produktion und Distribution) kritisch betrachtet, um neue Learnings als Erfolgsfaktoren für künftige Inhalte rückzuführen. Für Expert:innen wie Rebecca Lieb (Autorin von Content – The Atomic Particle of Marketing*) ist ein Audit ein essenzieller Bestandteil der Content-Strategie. Gleiches gilt für das Content-Management-System (CMS), das ggf. auf neue Anforderungen hin geprüft werden muss oder in der Nutzung verbessert werden kann. Denn wie eine Adobe-Studie 2022 gezeigt hat, ist Content-Management kritisch für die Digitalisierung.
Häufig synonym verwendete Begriffe sind „Content Assessment“ oder „Content-Analyse“, wobei letzteres vor allem im deutschsprachigen Raum verwendet wird und nicht zwangsläufig dasselbe beschreibt; dazu später mehr.
Das „produktive“ Ergebnis eines Audits ist ein Inventar, also eine Liste, die allgemeine Informationen über unsere diversen Inhalte enthält. Dazu zählen beispielsweise:
- Ort (URL)
- Titel (auch meta title)
- Datum der Publikation
- Datum der letzten Veränderung
- Format (hier: Dateiformat, also bspw. „Website“, „Text“, „Video“, „Bild“, „Audio“)
- Content-Typ (z. B. Story Content, Conversion Content oder Trust Content, siehe auch mein Content Polygon zur Kategorisierung)
- übergeordnetes Thema
- Keywords oder Schlagworte
- Umfang (Anzahl der Wörter, Bilder, Minuten o. ä.)
- Autor:in (ggf. auch Editor oder andere involvierte Personen)
- Platz für Kommentare
Die klassische Darstellungsform ist eine Tabelle z. B. in Google Spreadsheets, da sich diese gut strukturieren und filtern lässt. Andere Tools wie Airtable oder Notion werden aber immer beliebter – abseits der dedizierten (und meist deutlich teureren) Content Auditing Tools, versteht sich. Ein paar Tool-Tipps hab ich an den entsprechenden Stellen im Artikel für dich ergänzt.
Ein solches Content-Inventar sieht dann in etwa so aus:
Vorlagen für deine Content-Inventur
Du findest im Netz zahlreiche Content Audit Vorlagen, die im Grunde alle geeignet sind. Manche sind extrem simpel, andere sehr umfangreich. Entscheide selbst, womit du gut arbeiten kannst. Ich empfehle immer, die Inventur lieber mit weniger Details zu starten und Informationen in Form von Spalten, Querverweisen etc. erst bei Bedarf zu ergänzen. Je einfacher die Handhabung, desto wirkungsvoller ist das Inventar.
Hier sind zwei Beispiele, die du dir kopieren kannst:
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Content - The Atomic Particle of Marketing
Rebecca Lieb
Die Autorin beschreibt, welche Rolle Content nicht nur im Marketing spielt, sondern wie es auch in anderen Bereichen funktioniert.
Wann und warum sollten wir Content Audits durchführen?
Stell dir vor, du schaust mal wieder in dein Web Analytics Tool (verrückt, oder?!) und siehst, dass du drei Artikel zu einem Thema hast, die völlig unterschiedlich performen. Der eine rankt gut und generiert konstant organischen Traffic, der andere hat eine sehr hohe Conversion Rate und der dritte hat seit einigen Wochen rückläufige Erfolgskennzahlen.
Die Frage, die sofort aufkommt, ist: Warum ist die Performance so unterschiedlich?
Mit dem Hintergedanken: Was kann ich tun, um die Performance insbesondere des dritten Artikels zu verbessern?
Noch viel wichtiger ist jedoch die Frage: Ist das ein Einzelfall für dieses Thema bzw. diese Artikel?
Es ist absolut sinnvoll, bei so einer Entdeckung in die tiefergehende Analyse der drei Artikel einzusteigen, um die Ursachen für die Performance-Unterschiede zu identifizieren. Je nachdem, wie viel Content du jedoch insgesamt hast und wie aktiv du ihn pflegst, kann es durchaus ratsam sein, zuerst dein gesamtes Content-Portfolio auf dieser Flughöhe zu betrachten. Womöglich findest du weitere Fälle wie diesen.
Das gibt dir die Chance, allgemeingültige Muster zu erkennen, die die Effektivität deiner Inhalte beeinflussen, anstatt Optimierungsmaßnahmen für Einzelfälle zu definieren.
Ein Audit hilft uns also grundlegend dabei zu verstehen,
- welche Inhalte wir haben und welche uns vielleicht noch fehlen,
- wie umfangreich sie jeweils sind,
- wo sie sich befinden bzw. wo unsere Zielgruppe sie finden kann,
- wie unsere Inhalte strukturiert und wie gut sie erreichbar sind,
- welche Inhalte wie gut funktionieren (vorerst mit Blick auf das Big Picture).
In der Praxis ergeben sich darüber hinaus meist noch konkretere Fragen, wie beispielsweise:
- Welche Seiten ranken am besten bzw. am schlechtesten? (Und: Wie wichtig ist Ranking für diese Seiten jeweils?)
- Warum ranken manche Seiten besser als andere?
- Welche Seiten/Artikel generieren am meisten bzw. am wenigsten Traffic?
- Von welchen Seiten springen Besucher:innen am häufigsten ab (und wieso)?
- An welchen Themen ist unsere Audience am meisten interessiert?
- Welche Content-Formate treiben Engagement?
- Über welche Seiten generieren wir die meisten Leads?
- Wie gut ist die Qualität dieser Leads mit Blick auf das daraus tatsächlich resultierende Business?
- Welche Inhalte stärken unsere Marke und Markenpositionierung?
- Zu welchen Inhalten erhalten wir die meisten/besten Backlinks?
Es lohnt sich also, ein Content Audit nicht nur um des Audits willen durchzuführen, sondern gezielt mit anderen Vorhaben – ich nenne sie Jobs – zu verbinden und unsere Inhalte dahingehend gezielt zu analysieren.
Wie unterscheidet sich ein Content Audit von einer Content-Analyse?
Nur um das klarzustellen: Eine Analyse ist nicht zwangsläufig dasselbe wie ein Audit. Letzteres ist eher eine Sammlung und Betrachtung des IST-Zustands (Was?), wohingegen ersteres eine Bewertung und Begründung bedeutet (Wie gut? Warum?). Oft wird die Analyse deshalb auch qualitatives Audit genannt.
Jobs, die wir durch einen Content-Audit und die tiefergehende Content-Analyse erledigen können
Beispiel 1: Die Content-Performance verbessern
Du hast sicherlich auch schon mal beobachtet, dass sich die Performance deiner Inhalte mit der Zeit verändert – in der Regel leider nachlässt (fallende Rankings, rückläufiger Traffic, sinkende Conversion Raten etc.). Mit Tools wie Ryte oder contentbird können wir solche Trends auf Basis von Google Analytics und Search Console Daten relativ schnell erkennen.
In so einem Fall liegt es an uns Content-Verantwortlichen, diesen Trend aufzuhalten und bestenfalls umzukehren, um die Wertschöpfung durch Content weiterhin zu gewährleisten.
Wir schauen bei der Analyse der betroffenen Seiten (alle zu analysieren ist in diesem Fall ja gar nicht nötig) also besonders auf Business-relevante KPI und deren Treiber (siehe dazu auch mein Artikel über Treiberbäume zur Erfolgsmessung von Content). Das sind bspw. Metriken wie Keyword Rankings, Suchvolumen, Click-Through-Rates, (organischer) Traffic oder Backlinks, aber auch Conversion Rates, Bounces Rates, Exit Rates und verschiedene andere Onpage-Engagement-Metriken wie Session Duration, Time on Site, Scrolltiefe etc.
Genauso funktioniert das natürlich auch für E-Mails / Newsletter, YouTube Kanäle oder Podcasts.
Im Screenshot unten siehst du ein aktuelles Beispiel für einen älteren Artikel aus meinem Blog: Das durchschnittliche Ranking für alle Keywords steigt plötzlich und folglich auch die Zahl der Impressionen, die Anzahl der generierten Klicks bleibt jedoch unverändert – bei einer CTR von 0,1 %. Da ist doch noch Luft nach oben …
Quizfrage: Was könnte ich tun, um die Performance zu verbessern? ;-)
Antwort: Um die CTR zu verbessern, bietet es sich an, mit der Headline, der meta description und auch Rich Snippets zu experimentieren. Welche Wörter triggern Klicks? Welche Formulierung erzeugt Neugier? Können wir zum Beispiel durch FAQ-Markup oder Sitelinks oder mehr “Raum” in den Suchergebnissen einnehmen?
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Portfolio im Content Management
Durch strukturelle, inhaltliche und gestalterische Optimierung den Wert von Content kontinuierlich steigern.
Beispiel 2: Die Content bzw. User Experience optimieren
Falls du, wie ich auch, schon mal eine größere Website “übernommen” hast, weißt du, dass Websites gerne mal chaotisch wachsen und Inhalte nicht immer bestmöglich strukturiert sind. Wie auch, es kamen über die Zeit ja immer neue hinzu … Das kann die technische Struktur im Sinne der URL-Pfade, Kategorien im CMS oder die kontrollierte Verwendung von Tags betreffen, aber auch die inhaltliche Struktur der Inhalte (vor allem Texte) selbst.
Ich ziehe gerne auch hier wieder meinen eigenen Blog als Beispiel heran:
Lange Zeit waren alle Artikel unter toushenne.de/newsreader/titel-des-artikels.html
erreichbar, wobei “newsreader” schlicht und ergreifend der Name des Nachrichten-Moduls im Backend war. Diese Struktur war also weder bewusst gewählt, noch nutzerzentriert.
Heute enthalten (fast) alle Artikel-URL einen thematisch passenden Pfad wie ../content/titel.html
oder ../marketing/titel.html
, um Besucher:innen Orientierung zu geben, alle Inhalte thematisch zu gruppieren und um toushenne als Marke besser über diese Begriffe/Themen zu positionieren. Du erreichst meine drei großen Themenbereiche Content, Design und Marketing inzwischen auch direkt über die Navigation.
Die Wirkung war speziell bei diesem Beispiel deutlich erkennbar:
Als zusätzlichen Einstiegspunkt für Interessierte kuratieren wir auf konversionskraft.de themenspezifische Inhalte in Hubs, beispielsweise zu Behavioral Sciences (siehe Screenshot unten). Nicht nur helfen solche Hubs, konversionsKRAFT als Marke über diese Themen zu positionieren, vielmehr vereinfachen sie Besucher:innen den Zugang zu den entsprechenden Fachartikeln (z. B. über Konsumpsychologie oder Customer Insights), Videos (zum Beispiel zur Anwendung von Bahavior Patterns) und Produkten.
Zudem ermöglicht uns diese Gruppierung eine gezieltere Analyse des Content-Konsums und das informiert wiederum unsere Content-Strategie bzw. bietet Ansatzpunkte für weitere Analysen: Welche Artikel werden häufig gelesen? In welcher Reihenfolge? Bei welchen Artikeln steigen Besucher:innen aus? etc. Siehe dazu auch mein Artikel über Content Hubs und andere Struktur-Konzepte.
Diese Gruppierung (auch „Clustering“) ermöglicht es uns, unsere Inhalte thematisch auszuwerten (siehe Google Analytics Screenshot unten) und strategisch relevante Fragen zu beantworten wie: An welchen Themen sind Leser:innen besonders interessiert? Welche Themen generieren am meisten Traffic? Welche Themen haben aus Business-Sicht den größten Wert? etc. Das hilft uns, unser Portfolio zielgerichtet weiterzuentwickeln – indem wir skalieren, was funktioniert, oder nacharbeiten, wo wir Schwächen aufdecken.
Was fällt dir mit Blick auf die Zahlen dieses Beispiels auf? Was würdest du genauer untersuchen?
Mit demselben Gedanken können wir Besucher:innen auch innerhalb eines Artikels mehr Orientierung geben, indem wir Strukturelemente wie Inhaltsverzeichnisse, Sprungmarken, Zwischenüberschriften und andere visuelle Elemente wie Listen, Bilder oder Kästen verwenden. In meinem Artikel über Content-Testing findest du Anregung, was du dahingehend alles testen könntest.
Meine Hochschul-Kollegin und Content-Strategin Paula Land listet in ihrem Handbuch zu Content Audits* ergänzend die folgenden Gelegenheiten für ein Content Audit auf – wobei sich dann natürlich auch die Bewertungskriterien entsprechend verändern:
- Bei einem bevorstehenden Website-Redesign bzw. Relaunch;
- Bei einer geplanten Content-Migration (z. B. beim Wechsel des Content-Management-Systems);
- Im Zuge eines Rebrandings;
- Bei der Lokalisierung eines Projekts oder dem Eintritt in neue Märkte (in fremden Sprachen);
- Bei einem Jobwechsel.
Dass sich Letzteres lohnt, kann ich aus meiner jüngsten Erfahrung bestätigen. Eine der ersten Amtshandlungen in meiner neuen Rolle als Content-Stratege bei konversionsKRAFT war es, mir das gesamte Content-Portfolio anzuschauen – um zu verstehen, welche Inhalte wir überhaupt haben, wie sie uns nutzen (könnten) und, ganz wichtig, um das Portfolio zu “adoptieren”. Schließlich bin ich jetzt dafür verantwortlich, also muss ich mich auch dafür verantwortlich fühlen.
Verschiedene Arten von Content Audits
Wir können bzw. sollten den Umfang eines Content-Audits übrigens nicht nur anhand des Use Cases definieren, sondern auch auf Basis der verfügbaren Ressourcen bzw. Zeit. Wir unterscheiden daher gerne zwischen
- einem vollständigen Content Audit, bei dem wirklich alle Inhalte berücksichtigt werden,
- einem Rolling Audit, bei dem wir mit dem Ziel eines vollständigen Audits nach und nach jeweils eine begrenzte Anzahl an Inhalten analysieren,
- Content Sampling, bei dem wir eine möglichst repräsentative Stichprobe unserer Inhalte analysieren (also bspw. ein paar Artikel zu jedem Thema) und
- einem Lean Content Audit, bei dem wir nur gezielt ausgewählte Inhalte analysieren (etwa die am häufigsten besuchten Seiten oder die mit der höchsten Conversion Rate).
Content Audit Guide: Wie analysiere ich meine Inhalte richtig und was mache ich mit den Ergebnissen?
Was ich in Teilen schon angesprochen oder angedeutet habe, will ich jetzt nochmal zusammenfassend in Reihe bringen und mit konkreten Tool-Tipps ergänzen:
Schritt 1: Das quantitative Audit (Content-Inventur)
Der erste Schritt besteht darin, unseren Content zu katalogisieren, um uns einen Überblick zu verschaffen. Mithilfe von Crawling-Tools wie Screaming Frog können wir sehr bequem eine erste Inventur unserer Web-Inhalte machen und in ein digitales Inventar (z. B. als Google Spreadsheet oder Airtable) überführen. Das würde ich für maximale Flexibilität prinzipiell empfehlen, ist aber natürlich nur dann sinnvoll, wenn du kein dediziertes Content-Auditing-Tool wie Raven oder ContentWRX nutzt.
Dieses Inventar können wir dann – bestenfalls mithilfe von Browser-Plugins oder entsprechenden Integrationen automatisiert – um Web-Analytics- & SEO-Daten erweitern und abschließend manuell Informationen ergänzen, etwa zu Formaten (ich meine Content-Formate, nicht Dateiformate), Kategorien, Themen, Zielgruppen o. ä.
Screaming Frog SEO Spider
Screaming Frog SEO Spider extrahiert gecrawlte Website-Daten und prüft diese auf allgemeine SEO-Probleme wie Duplicate Content oder kaputte Links..
Google Analytics (plus Spreadsheet Add-on und die direkte Integration in Tools wie Screaming Frog)
Keine Beschreibung nötig. ;)
Airtable
Airtable ist eine Online-Plattform zur Erstellung und gemeinsamen Nutzung relationaler Datenbanken.
Schritt 2: Das qualitative Audit (Content-Analyse)
Auf das Was folgt nun das Warum.
Um eine qualitative Analyse durchzuführen, brauchen wir zunächst standardisierte Bewertungskriterien. Die Content-Strategin Margot Bloomstein (und ebenfalls eine Hochschul-Kollegin von mir) stellt dafür in ihrem Buch Content Strategy at Work* zwei Methoden vor:
- Die ARA-Analyse: Das Akronym steht für Aktualität, Relevanz und Angemessenheit. Je mehr dieser drei Faktoren dein Content erfüllt, desto höher ist seine Qualität. Werden alle drei Faktoren erfüllt, besteht zunächst kein Handlungsbedarf.
- Die ROT-Analyse: Die Abkürzung steht für Redundant, Outdated (entspricht der Aktualität der ARA-Analyse) und Trivial. Das Ziel dieser Analyse ist, unnötigen Optimierungsaufwand durch den Ausschluss bestimmter Inhalte von vornherein zu vermeiden.
Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Einer der größten Vorteile ist, dass eine derartige Bewertung relativ schnell machbar ist. Einer der größten Nachteile ist der, dass sie streng genommen den Inhalt selbst im Detail nicht berücksichtigen.
Wie oben schon gesagt, sollten wir daher unbedingt auch einen Blick auf die Performance, zum Beispiel anhand der folgenden Aspekte, werfen. Ein Content Scoring bzw. Scorecard-Modell, wie es Klaus Eck und Doris Eichmeier in ihrem Buch Die Content-Revolution im Unternehmen* vorstellen, hilft bei der Bewertung.
Sprache – Wie gut sind unsere Inhalte verständlich, primär natürlich für unsere Zielgruppe(n)? Durch eine Textanalyse können wir Aspekte wie die Lesbarkeit messen (etwa mittels Flesch-Index, dessen Bewertung in Tools wie contentbird integriert ist), sollten aber auch mit Blick auf unsere Strategie und unternehmensweiten Kommunikationsrichtlinien bspw. die Ansprache prüfen. Duzen oder Siezen wir? Nutzen wir Jargon und Fachbegriffe? Aus welcher Perspektive schreiben wir?
- Keyword-Abdeckung – Auf einer Skala von 0 bis 100 % können wir – mithilfe von Tools wie contentbird, Searchmetrics, Termlabs oder Clearscope – bewerten, inwieweit wir wichtige Keywords bzw. Suchbegriffe im Text integriert haben. Das ist allerdings nur dann relevant, wenn bessere Rankings das Ziel sind.
- Architektur – Mit gängiger SEO-Software wie ahrefs, Sistrix & Co. können wir die Link-Struktur z. B. hinsichtlich der Klickpfad-Länge oder Ankertexten sowie ein- bzw. ausgehende Links analysieren. Screaming Frog und andere Tools sind darüber hinaus in der Lage, die komplette Website-Architektur zu visualisieren. Dadurch können wir “Satelliten-Content” identifizieren und prüfen, inwieweit es interne Link-Potenziale gibt, die sich positiv auf Rankings und die User Experience auswirken könnten.
- Content Nutzbarkeit & Nutzung – Mit sogenannten „Website Behaviour Analytics”-Tools wie Hotjar oder „Digital Experience”-Tools wie Contentsquare können wir verstehen, wie Besucher:innen mit unseren Inhalten interagieren. Wie navigieren sie durch unsere Website? Wohin klicken sie? Wo verweilen sie? Auf welche (technischen) Probleme stoßen sie? Auf Basis von Heatmaps, Session Recordings und direktem User Feedback können wir dann Hypothesen ableiten, welche Veränderung zum gewünschten Verhalten führt.
- Content-Nutzen – Durch dedizierte Content-Audit-Tools wie ContentWRX können wir den Nutzen, ergo die Wirksamkeit unserer Inhalte auf Basis verschiedener Faktoren bewerten, etwa Auffindbarkeit, Design, Sentiment oder Impact. Dank künstlicher Intelligenz und vielen automatisierten Aufgaben stellen solche Tools vor allem eine Zeitersparnis dar – vorausgesetzt, wir haben das nötige Kleingeld, um diesen Trade-off einzugehen.
Diese Liste lässt sich beliebig und vor allem von Fall zu Fall erweitern, denn fast jedes Unternehmen hat individuelle Kriterien, insbesondere zur Bewertung des Content-ROI. Dienen die Inhalte bspw. auch den Kolleg:innen aus Vertrieb oder Service? Oder sind bestimmte Content-Formate vielleicht besonders wichtig in bestimmten Phasen der Kundenakquise? Können wir manche Themen oder Content-Typen schneller bzw. effizienter produzieren als andere?
All diese Informationen haben Einfluss darauf, wie wir mit unseren Inhalten umgehen und worauf wir uns in Zukunft fokussieren wollen.
SEMrush (Content & Site Audit)
Mit den Auditing-Tools von SEMrush lässt sich die Website-Performance bewerten und Handlungsempfehlungen generieren.
Alternativen: Raven Site Auditor, Ryte
contentbird
contentbird ist eine Plattform, über die sich Content-Prozesse vereinfachen und beschleunigen lassen.
Alternativen: Searchmetrics, TermLabs
Hotjar
Hotjar hilft auf visuelle Art und Weise dabei, Nutzerverhalten und -bedürfnisse zu verstehen.
Alternativen: Contentsquare, Fullstory, Heap, Mouseflow
ContentWRX Effectiveness
Das System bietet verschiedene Funktionen, die das Verständnis und die Vorhersage der Wirksamkeit von Inhalten vereinfachen.
Schritt 3: Veränderungen vornehmen
Je nach Anwendungsfall erzeugen wir durch das Audit unterschiedliche Ergebnisse und gehen mit ihnen anders um.
Im Falle der Performance-Optimierung können wir beispielsweise einem zweistufigen Prozess folgen:
1. Auf Basis der „DUCK-Verteilung“ entscheiden, was wir grundsätzlich mit unserem Content tun wollen:
- Löschen (bzw. D für Delete)
- Überarbeiten (bzw. U für Update)
- Konsolidieren (bzw. C für Consolidate; ergo mehrere Inhalte/Seiten zusammenführen) oder
- Unverändert behalten (bzw. K für Keep).
Diese Kennzeichnung kannst du in deinem Inventar als eigene Spalte ergänzen. So kannst du die Inhalte für den nächsten Schritt filtern und en bloc abarbeiten.
Tools wie SEMrush machen diese Einschätzung (aus SEO-Performance-Sicht) bereits für dich und halten entsprechende Handlungsempfehlungen vor:
2. Maßnahmen auf Basis dieser ersten Einschätzung umsetzen. (1) und (3) sind wohl am einfachsten umzusetzen (vergiss aber bitte entsprechende Redirects und die Korrektur interner Links nicht), während (2) mehr Vorbereitung und höchstwahrscheinlich auch eine Einzelfallbetrachtung erfordert. Siehe dazu auch meine Artikel über Content Recycling und Content-Optimierung.
Darüber hinaus ist die Dokumentation der Veränderungen (welcher Content wurde wann, wie und warum geändert) und die Anpassung von Arbeitsdokumenten wie etwa den Content Guidelines wichtig, um die Erkenntnisse aus dem Audit bei der Produktion neuer Inhalte direkt anzuwenden.
Zusammenfassung und Antworten auf häufig gestellte Fragen
Wie hat es Kevin Indig mal so schön gesagt: Viele machen Audits gerne, weil es sich produktiv anfühlt – wenn wir dem Prozess folgen, die einzelnen Arbeitsschritte abhaken können und sich insbesondere das Inventar immer weiter füllt.
Daraus entsteht allerdings noch kein Wert. Nur durch ein Audit allein leisten wir keinen Beitrag zur Wertschöpfung. Wichtig ist, dass wir daraus lernen und unseren Content daraufhin verändern; verbessern.
Erst dann ist ein Audit zielführend und wird dem hohen Aufwand gerecht.
Mein Plädoyer daher: Lieber häufiger kleine Audits machen (Sampling oder Lean) und Insights direkt in konkrete Maßnahmen überführen, anstatt alle Jahre wieder umfangreiche Audits nur um des Audits willen zu machen.
Bei konversionsKRAFT habe ich jetzt ein umfangreiches, aber an vielen Stellen eher oberflächliches Audit gemacht, um die Inhalte in meiner neuen Rolle zu „adoptieren“. In Zukunft werde ich punktuell und auf Basis konkreter Fragen sicherlich weitere kleinere Audits ergänzen.
Fassen wir zusammen:
Ein Content hilft uns dabei zu verstehen, welche Inhalte wir haben, wie gut sie funktionieren und wie wir ihre Performance steigern könnten. Aus den Erkenntnissen können wir auch Standards für die Erstellung zukünftiger Inhalte ableiten, um ihre Erfolgswahrscheinlichkeit zu steigern.
Ein Content Audit ist dann sinnvoll, wenn die Performance unserer Inhalte sinkt, ein Website-Redesign bzw. Relaunch bevorsteht, eine Content-Migration geplant ist (z. B. beim Wechsel des Content-Management-Systems), ein Rebranding ansteht, wir Projekte lokalisieren oder in neue Märkte (in fremden Sprachen) eintreten oder als Content-Verantwortliche den Job wechseln.
Der erste Schritt ist die quantitative Betrachtung vorhandener Inhalte, die sogenannte Inventur. Der zweite Schritt ist die qualitative Bewertung hinsichtlich ausgewählter Performance-Kriterien (z. B. Rankings, Traffic, Conversions). Der dritte Schritt ist die Ableitung und Umsetzung geeigneter Optimierungsmaßnahmen, um den Wert von Content zu steigern.
Der Umfang und die Dauer für einen Content Audit ist abhängig von der Menge der zu analysierenden Inhalte. Zudem können wir verschiedene Ansätze wählen und anstelle einer vollständigen Betrachtung auch nur Stichproben („Sampling“) oder bestimmte Content-Segmente untersuchen.
Einfache Tabellenverarbeitungstools wie Google Spreadsheet sind eine gute Grundlage für die Erstellung eines Inventars. Web- & Content-Analyse-Tools wie Google Analytics, Hotjar oder SEMrush liefern wichtige Performance-Daten. Daneben ist User Research und Team-interne Kommunikation wichtig, um Klarheit über Performance-Kriterien zu haben und passende Maßnahmen abzustimmen.
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Robert ist Autor des Bestsellers „Content Design“ (Hanser Verlag), unabhängiger Content-Stratege und Gründer dieses Magazins (ehem. „toushenne.de“). Daneben lehrt er Content-Marketing an der FH JOANNEUM sowie Content Design an der ZHAW. Mit über zehn Jahren Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- & SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Freelance-Projekten mit führenden Marken wie Adobe, Bike24 und contentbird, entwickelt er wirksame Strategien für die Optimierung des Content ROI.